EINE
KURZE GESCHICHTE DER
Während der dunkeln Tage des 2. Weltkrieges war die Schweiz praktisch gezwungen, unter den widrigsten Umständen eine eigene Hochseeflotte unter Schweizer Flagge aufzubauen. Diese Geschichte ist in der breiten Oeffentlichkeit fast gänzlich unbekannt. Mit grösster Dringlichkeit musste zuerst ein Hochseeschifffahrtsgesetz beschlossen werden als Grundstein für die Schaffung einer kleinen Hochseeflotte. Unter den Ereignissen des 2. Weltkrieges war dies jedoch nur eine kleine, unbedeutende Nebensächlichkeit, die selbst bei der Bevölkerung in unserem Binnenland kaum zur Kenntnis genommen wurde. Es war der Kampf einer kleinen Nation sich über Wasser zu halten in den turbulenten und stürmischen Zeiten einer Katastrophe, die die Welt noch nie gesehen hatte. Dieser Bericht ist daher bei weitem nicht komplett, noch immer genau, aber er beleuchtet einige Aspekte einer komplexen Geschichte.
Während des 19. Jahrhunderts erhielt die Schweizer Regierung zahllose Vorschläge und Anfragen zur offiziellen Einführung einer Schweizer Flagge zur See. Diese Forderungen kamen hauptsächlich von Schweizer Kaufleuten oder Handelshäusern, die Filialen oder eigene Firmen in Europäischen oder überseeischen Hafenstadten aufgebaut hatten. Einige besassen ihre eignen Schiffe und fuhren unter der Flagge ihrer ausländischen Wohnsitze. Auch einige industrielle Hersteller und Handelsfirmen in der Schweiz besassen seegehende Schiffe, die sie in ausländischen Häfen registriert hatten. Eine andere Gruppe schlug vor, die immer zahlreicher werdenden Schweizer Emmigranten auf Schiffen unter Schweizer Flagge nach Nordamerika zu bringen, um ihnen die teilweise schlimmen Zustände auf den Auswandererschiffen zu ersparen. Es gab aber auch eine beträchtliche Zahl von Schweizern, die auf den Handelsschiffen vieler Nationen zur See fuhren, obwohl (oder trotzdem) die Schweiz ein Binnenland ist. Einige von ihnen fuhren auch als Offiziere oder erreichten den Rang eines Kapitäns. Alle diese Gruppen begründeten ihre Anträge damit, dass eine eigene Flagge eine bessere Kontrolle über diese Schiffe erbringen würde und dies war teilweise bestimmt richtig. Dies hätte jedoch vorausgesetzt, dass ein international geachtetes Seerecht die Sicherheit für Schiffe einer Nation ohne Zugang zu einer Meeresküste garantiert hätte. Leider war zu jener Zeit kein solches Gesetz vorhanden, noch in Aussicht. Jede Seefahrtsnation hatte ihr eignes Gesetz und nützte es zum eigenen Vorteil. Dies war wohl einer der Gründe, warum die Schweizer Regierung in dieser Frage nicht allzu viel Interesse zeigte. Sie verlangte jedoch von verschiedenen Botschaften und Konsulaten in seefahrenden Nationen einen Bericht über die Möglichkeit Schiffe unter der Schweizer Flagge zu registrieren und fahren zu lassen. Eine ähnliche Anfrage wurde an die Aussenministerien von 17 Seefahrtsländern gerichtet. Die berichte von den Botschaften und Konsulaten waren zur Hauptsache skeptisch. Der Konsul in Le Havre fand die Idee lächerlich und fasste seine Meinung in klare Worte. Die Ministerien der meisten Länder hielten sich zurück und warteten auf eine Reaktion aus Frankreich, wohl um nachher eine gleiche oder eine ähnliche Meinung zu vertreten. Schlussendlich liess die Regierung in Bern diese Idee fallen.
Während des ersten Weltkrieges war die Schweiz von feindlich gesinnten Nationen umgeben und in jeder Weise isoliert. Das Land hatte keine nennenswerten Rohstoffe und war von Importen abhängig. Lieferungen von Osteuropa waren wegen der Blockade der Alliierten und des Balkankrieges zusammengebrochen. In Betracht kamen mehr und mehr Importe aus Uebersee, allerdings wurde Schiffsraum wegen des U-Bootkrieges immer knapper und als Folge stiegen die Frachtraten und die Importpreise. Die Schweizer Regierung und einige private Unternehmer versuchten Schiffsraum zu chartern, aber auch Schiffe unter neutralen Flaggen als Eigentum zu erwerben. Ein grosser Teil der Welthandelsflotte war unter der Kontrolle der "Interallied Chartering Executive" in London. Nach langen und schwierigen Verhandlungen wurde der Schweiz ein Vertrag angeboten zum Gebrauch von ungefähr 12 Schiffen mit einer durchschnittlichen Grösse von 5000 BRT. Dieses Angebot war jedoch von Beginn weg ziemlich theoretisch und im Herbst 1917 standen nur ungefähr 30'000 BRT Schiffsraum für die Schweiz zur Verfügung. Trotzdem wurden Schiffe auf kurze Ankündigung hin zurückgezogen und für wichtigere Kriegstransporte eingesetzt. Im März 1917 wurde von der Schweizer Regierung ein zentrales Amt FERO gegründet um die Import- und Exportprobleme zu lösen. Die Hauptaufgabe dieses Büros bestand darin, den Transport und den Import von Nahrungsmitteln und anderer wichtiger Güter zum Ueberleben des Landes zu organisieren. Das FERO konnte einen Vertrag zur Lieferung von Getreide mit dem US War Transport Office abschliessen. Dieses Getreide wurde auf Amerikanischen Schiffen, teilweise noch auf Segelschiffen, nach neutralen, europäischen Häfen gebracht. Die Schiffe mussten am Vormast eine ausgestreckte Schweizerflagge hissen und an den Bordwänden wurden in grossen Buchstaben das Wort SCHWEIZ angebracht. Diese, vielleicht ein bisschen naive Idee sollte helfen, Angriffe von deutschen U-Booten zu vermeiden. Nach dem Kriegseintritt der USA wenig später, war dieser Vertrag jedoch hinfällig geworden. Die Lage wurde jetzt sehr kritisch und verschiedene Schweizer Delegationen in London und in Paris versuchten verzweifelt unter allen Umständen Schiffsraum zu erhalten. Leider brachten diese Verhandlungen keinen Erfolg und den Schweizern wurde gesagt, sie müssten sich irgendwie selber helfen. Es wurden auch andere Ansätze verfolgt, zum Beispiel wollte man eine Holländisch/Schweizerische Reederei gründen und die in den US-Häfen gestrandeten Holländischen Schiffe verwenden. Auch dieser Plan konnte nicht umgesetzt werden, denn nach dem Eintritt der Vereinigten Staaten in den Krieg, wurden diese Schiffe von den USA unter den sogenannten "Angary Rules" für ihre eigenen Zwecke konfisziert. Die sich vergrössernden Mängel an wichtigen Gütern in der Schweiz, verbunden mit dem Versagen genügend Schiffsraum sicherzustellen, liessen im Land die Alarmglocken schrillen und führten zu einem nahezu an Panik grenzenden Gefühl der Verletzlichkeit. Jede Anstrengung die Lage zu verbessern, egal wie riskant, erschien gerechtfertigt. Diese Umstände erklären zum Teil ein neues Projekt, genannt "Swiss Sea Transport Union". Eine Flotte von 28 Schiffen, zum Teil noch nicht gebaut, sollten von einer Belgischen Reederei gechartert werden und die Kosten zwischen der Schweizer Regierung und einigen privaten Unternehmen aufgeteilt werden. Nach langen Verzögerungen wurden im Frühjahr 1919 ungefähr ein Drittel und der Rest der Schiffe Ende 1919 in Dienst gestellt. Allerdings wurde der Krieg schon im November 1918 beendet und viele Schiffe wurden dadurch überflüssig. Die vorher stark aufgeblasenen Frachtraten fielen in den Keller und auch dieses Unternehmen zerfiel und wurde 1921 aufgelöst.
Die Erfahrungen des 1. Weltkrieges hatten es mit aller Klarheit veranschaulicht, dass eine kleine Handelsflotte unter der eigenen Flagge eine Notwendigkeit war. Allerdings folgte die Schweiz der Ansicht der meisten westlichen Länder, die glaubten, dass das Zeitalter des ewigen Friedens endlich angebrochen war. Die Schweiz verkleinerte seine Armee zu einem absoluten und lächerlichen Minimum. Somit wurde auch die Idee einer eignen Hochseeflotte fallen gelassen, vermeintlich für immer. Dies war irgendwie verständlich, aber war trotzdem kurzsichtig und naive. Im März 1933 übernahm die NSDAP in Deutschland die Macht und die massive militärische Aufrüstung und die aggressive Aussenpolitik von Hitler bewirkten weitgehende Beunruhigung in Europa. Für weitsichtige und kritische Beobachter war schon frühzeitig klar, dass ein weiterer Krieg in nicht allzu weite Ferne gerückt war. Die Schweizer Regierung war entschlossen die Fehler im 1. Weltkrieg nicht zu wiederholen und heimlich wurden Pläne erörtert, um Mittel und Wege zu finden um einen weitern Krieg zu überstehen. Gespräche wurden mit benachbarten Regierungen geführt, um Schiffen die Fracht für die Schweiz transportierten, die Benutzung ihrer Häfen zu erlauben. Nach langen und mühseligen Verhandlungen wurden einige vorteilhafte Resultate erreicht. Andere Gespräche drehten sich um die Probleme des Transportes über Land von den Häfen nach der Schweiz. In friedlichen Zeiten wurde ein Grossteil der Importe, besonders Massengüter, mit Binnenschiffen von Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam über den Rhein nach Basel befördert. Ein anderer wichtiger Lieferant für Rohstoffe wie Düngemittel, flüssige Brennstoffe, Kohle und so weiter, war Deutschland. Auch diese Produkte erreichten die Schweiz meistens per Schiff über die Rhein. Es war höchst unsicher, ob die Binnenschifffahrt nach Basel während Kriegszeiten immer noch zur Verfügung stehen würde, tatsächlich wurde der Rhein bei Ausbruch der Feindseligkeiten von den Deutschen sofort für jeglichen Schiffsverkehr gesperrt.
Wie vorher erwähnt, die Schweiz besitzt keine eigenen Rohstoffe, ausser der Wasserkraft zur Elektrizitätserzeugung. Alle Güter, um die Wirtschaft und die Industrie am laufen zu erhalten, müssen eingeführt werden. Das Land mit 4 Millionen Einwohnern war schon damals übervölkert und konnte die Bevölkerung nicht selbst ernähren. Der Agrarprofessor F.T. Wahlen von der ETH, Eidgenössische Technische Hochschule in Zürich wurde vom Bundesrat beauftragt Lösungen für das Nahrungsproblem zu finden. Er zeigte auf, dass viel mehr Menschen genügend ernährt werden könnten, wenn sie Getreideprodukte, wie Brot direkt essen würden, statt das Getreide zuerst dem Vieh und den Hühnern zu verfüttern, um nachher Fleisch zu essen. Die Schlussfolgerungen waren einfach und wurden in der sogenannten "Anbauschlacht" rasch umgesetzt. Die Anzahl Grossvieh wurde drastisch verringert und jeder freie und bebaubare Flecken Erde musste mit Getreide, Kartoffeln und Gemüse bepflanzt werden. Zur gleichen Zeit wurde eine strenge Rationierung eingeführt, nicht nur für Lebensmittel, sondern für viele andere Güter, wie Leder, Metalle, flüssige Brennstoffe jeglicher Art, Kohle, Textilien, Dünger und so weiter. Kupfer war nicht mehr erhältlich, elektrische Leiter wurden aus Aluminium gefertigt, waren brüchig, kaum zu löten und zudem teuer. Private Autos wurden sehr selten, die meisten waren von der Armee eingezogen worden, hatte diese doch einen riesigen Mangel an Transportfahrzeugen. Für den Privatgebrauch war kaum Benzin erhältlich und Lieferwagen, Busse etc. fuhren mit Karbid oder mit Holzvergasern. Die Lebensmittelrationierung galt auch für Eier und war am Schluss bei einem Ei pro Person im Monat. Brot enthielt ungefähr 50 % Kartoffeln und durfte erst nach zwei Tagen verkauft werden. Die Rationen sanken in 1944 auf das absoluten Minimum, weniger als 2000 Kalorien pro Tag, doch niemand beschwerte sich. Die Rationierung musste auch nach Beendigung des Krieges beibehalten werden und wurde erst am 1. Juli 1948 aufgehoben. Alle diese Massnahmen waren ungenügend und die Schweizer Regierung war sich frühzeitig klar, dass eine kleine Flotte von Handelsschiffen nötig wurde, um Lebensmittel und Rohstoffe ausschliesslich für die Schweiz zu transportieren. Nur Schiffe unter den Flaggen von "permanent neutralen" Nationen kamen in Betracht. Am 15. September 1939 konnte die Regierung einen Zeitchartervertrag mit der Griechischen Reederei Rethymnis & Kulukundis Ltd. In London abschliessen. Er beinhaltete das Leasing von 15 Schiffen unter Griechischer Flagge für eine Dauer bis zum Ende des Krieges mit Beginn spätestens im Frühjahr 1940. Während der Zeit vom 1. September 1939 bis Mai 1940 waren die Beziehungen zwischen der Schweiz und dem Dritten Reich merkwürdig ruhig. Diese Flaute ermöglichte es der Schweiz ihre Importe auszuweiten und Vorräte vieler benötigter Güter anzulegen. Die Schweizer Rüstungsindustrie arbeitete Ueberstunden für Aufträge der Alliierten, der Exportweg über Frankreich war zu dieser Zeit noch immer offen. Rüstungsaufträge aus Deutschland gingen keine ein, die einzigen anderen Aufträge kamen von der Schweizer Armee. Unsere Armee war zu Beginn des Krieges völlig veraltet, ungenügend ausgerüstet mit Waffen teilweise aus dem 1. Weltkrieg oder noch aus dem letzten Jahrhundert stammend. Aus heutiger Sicht erscheint es paradox, dass die Importe von Stahl, Kohle und anderem Material aus Deutschland halfen die Aufträge der Alliierten zu erfüllen. Nach der Besetzung von Dänemark, Norwegen, den Niederlanden, Belgien, Luxemburg und dem Fall von Frankreich im Mai 1940, war die Schweiz völlig von den Achsenmächten umzingelt. Sofort wechselte auch die Haltung Deutschlands und die Noten aus Berlin nach Bern wurden frostiger, wenn nicht sogar unangenehm. Die Schweizer Handelsmission in Berlin wurde mit harten und unmöglichen Forderungen konfrontiert. Jetzt war nur noch eine Quelle für wichtige Rohstoffe offen, nähmlich Deutschland und Berlin war sich dieser Tatsache voll bewusst. Als Warnung stoppte das Dritte Reich alle Kohlelieferungen an die Schweiz und verlangte die Uebergabe des von den Alliierten bestellten Kriegsmaterials. Der Schweizer Historiker Werner Rings (1910 bis 1998) schrieb "Das Dritte Reich war in der Lage die Schweiz zu strangulieren ohne einen Schuss abzufeuern". Die Verhandlungen zur Erlangung der verschiedenen nötigen Transitbewilligungen für die Schiffe, sowie für Importbewilligungen aus Deutschland wurden von Tag zu Tag schwieriger. Zugeständnisse mussten gemacht werden, eines davon war die Verdunkelung des Landes um Alliierten Flugzeugen das Navigieren zu erschweren. Es war unvermeidlich, dass die wenigen neutralen Staaten Europas von beiden Seiten mit Misstrauen und Argwohn während dieses Konfliktes gesehen wurden. Der Schweiz wurde ständig von den Alliierten und den Deutschen vorgeworfen, dass sie die andere Seite unterstützen würde. Es war ein klassischer Fall "zwischen Hammer und Amboss" zu sein. Allerdings waren einige Alliierte Führer mehr verständnisvoll, so schrieb Sir Winston S. Churchill, hier auszugweise aus einem seiner Memoranden: Premierminister an Aussenminister: 3. Dezember 1944 Ich schreibe dies nieder um es festzuhalten. Von allen neutralen Staaten hat die Schweiz mit grösstem Recht eine Auszeichnung verdient. Sie war die einzige internationale Kraft, um die abscheulich getrennten Nationen mit uns zu verbinden. Was macht es aus, ob sie uns die gewünschten wirtschaftlichen Vorteile gewähren konnte oder ob sie Deutschland zu viele vergab, um sich selber am Leben zu erhalten? Sie war ein demokratischer Staat, der für die Freiheit trutzig in ihren Bergen eingestanden ist und in Gedanken, trotz Rasse, hauptsächlich auf unserer Seite gestanden hat. Unterzeichnet: Winston S. ChurchillAls Italien im Juni 1940 an Frankreich und England den Krieg erklärte, wurde das Mittelmeer unzugänglich. Griechenland verlangte die Rückgabe der gecharterten Schiffe von der Schweiz. Schlussendlich erklärten sie sich einverstanden 10 Schiffe freizugeben. England stoppte alle Schiffe, gleichgültig welcher Flagge mit Ladung für die Schweiz in Häfen westlich von Gibraltar. Nach sieben Monaten wurde ihnen erlaubt ihre Ladung in Iberischen Häfen zu löschen, hauptsächlich in Lissabon. Die finanziellen Verluste für die Schweiz und die beteiligten Reedereien gingen in die Millionen. Zu Beginn wurde die Fracht mit kleinen Portugiesischen Küstenschiffen nach Genua oder Marseille weiterbefördert. Später wurde auch der Transport über Land organisiert, mit hunderten von Spanischen und Schweizerischen Eisenbahngüterwagen, aber auch Lastwagenkolonnen wurden eingesetzt. Da die Spurweite der spanischen Eisenbahn weiter ist, als die Spurweite der Eisenbahnen in Zentraleuropa, mussten die Güter an der Spanischen und Französischen Grenze wieder umgeladen werden. Italien hatte am 7. April 1939 Albanien besetzt und überfiel Griechenland am 28. Oktober 1940, damit waren die Italienischen Häfen endgültig für die Schiffe unter Griechischer Flagge geschlossen. Der sich verstärkende U-Bootkrieg auf dem Nordatlantik verursachte einen riesigen Mangel an Schiffsraum. Somit wurde es immer schwieriger Nahrungsmittel und andere wichtige Güter in die Schweiz zu importieren.
Während des Sommers 1940 hatte die Schweizerische Reederei AG schon zwei Frachter angekauft, die S/S CALANDA und die S/S MALOJA, die beide unter der Flagge von Panama fuhren. Die Firma André & Co. in Lausanne, ein wichtiger Getreidehändler (heute Suisse Atlantique SA) erwarb den Dampfer ST. CERGUE, der ebenfalls in Panama registriert war. Beide Firmen fragten die Regierung in Bern um eine Registrierung unter Schweizer Flagge, was jedoch mit dem Argument abgelehnt wurde, dass dafür kein unmittelbarer Grund bestehe und der administrative Aufwand und die Kosten viel zu hoch wären für diese kleine Flotte. Auch war zu diesem Zeitpunkt noch kein entsprechendes Seeschifffahrtsgesetz in Kraft. Die bedrohenden militärischen und politischen Entwicklungen in Europa bewirkten bei der Regierung einen Meinungswechsel. Im Januar 1941 beauftragte der Bundesrat den Basler Professor Dr. Robert Haab einen Entwurf für ein maritimes Gesetz zu entwickeln. Prof. Haab beschäftigte sich mit der maritimen Gesetzgebung verschiedener wichtiger Seefahrtsnationen seit 1922 und galt als Experte in diesem Feld. Mit seinem Wissen und seiner Erfahrung war es ihm möglich, das Gesetz innert ungefähr 30 Tagen zu schreiben und einzureichen. Das Bundesgesetz über die Seeschifffahrt wurde am 9. April 1941 genehmigt und in Kraft gesetzt. Jetzt bestand nur noch ein Problem, es waren nur sehr wenige Schiffe zum Kauf auf dem Markt. Diese waren meistens alt und einige konnten in Wahrheit nur als schwimmende Wracks beschrieben werden. Zudem waren diese Schiffe unheimlich teuer, die Preise waren jetzt 10 bis 20 Mal höher als vor Ausbruch des Krieges. Die Schweiz hatte jedoch keine andere Wahl und musste die besten Schiffe kaufen, die sie sich leisten konnte und sie überholen, ausrüsten und seetüchtig machen. Die Kosten für dieses Unternehmen waren gewaltig, wurden jedoch wegen dessen Dringlichkeit als gerechtfertigt betrachtet. Anfangs 1941 wurden die von der Schweiz gecharterten, Griechischen Schiffe von Grossbritannien konfisziert. Einer der Gründe war, dass die Schweiz Gelegenheit hätte, später Frachtraum auf regulären Schiffslinien zu erhalten. Auch wurde angedeutet, vielleicht ein bisschen unnötig, dass die Schweiz ihren Lebensstandard entsprechend reduzieren müsste und die Wirtschaft an die Bedingungen der Kriegswirtschaft der kriegführenden Länder angleichen sollte. Schliesslich stimmte London zu, zehn Griechische Schiffe freizugeben, unter der Bedingung, dass sie Gibraltar nicht passieren und in das Mittelmeer einfahren durften. Anscheinend galt diese Vorschrift für alle neutralen Schiffe in privaten Eigentum. Dies führte zur Entscheidung der Schweizer Regierung, über das KTA selber Schiffseigner zu werden. Das KTA konnte vier Schiffe von total 27'230 tons DWT erwerben und sie unter Schweizer Flagge registrieren und betreiben. Diese Schiffe wurden auch benützt um Hilfspakete des Britischen und Amerikanischen Roten Kreuzes, sowie Briefe und Päckchen für die Kriegsgefangenen zu befördern. Die ständig anschwellende Menge der Rotkreuz Ladung führte dazu, dass immer weniger Frachtraum für die eigentliche Bestimmung der Schiffe übrig blieb. Folglich beschloss das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) in Genf eigene Schiffe anzukaufen. Durch eine eigens für diesen Zweck gegründete IKRK-Stiftung in Basel wurden drei Schiffe erworben, die unter Schweizer Flagge registriert und von der Schweizerischen Reederei AG betrieben wurden. Die komplexe Geschichte der KTA und der IKRK Schiffe kann aus Platzgründen hier nicht erzählt werden, genügend zu sagen, dass nach Beendigung des Krieges das KTA seine Schiffe an private Schweizer Reeder verkaufte und das IKRK seine Schiffe an ihre vormaligen Eigner zurückgab. Liste der von der Schweiz während der Kriegsjahre erworbenen und unter Schweizer Flagge betriebenen Schiffe:
* Stiftung des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes, Basel Gemäss dem internationalen Recht muss jedes Schiff einen Heimat- oder Registerhafen in seinem Flaggenstaat haben, folglich wurde Basel zum Heimathafen aller Schweizerschiffe und der Sitz des Schweiz. Seeschifffahrtsamtes und des Schweiz. Seeschiffregisteramtes. Das Schweiz. Seefahrtsgesetz definiert klare Regeln für die Eintragung eines Schiffes in das Seeschiffsregister, zum Beispiel müssen Besitzer, Betreiber und deren Personal in der Schweiz wohnhafte Schweizer Bürger sein. Alle Aktionäre müssen Schweizerischer Nationalität sein und mindestens ¾ der Aktien und des Kapitals müssen im Besitz von in der Schweiz wohnhaften Schweizer Bürgern sein.
Ein offensichtliches Problem war die Bemannung der Schiffe während der Kriegszeit. In der Theorie nur Besatzungsmitglieder von neutralen Ländern konnten angeheuert werden. An Bord war eine grosse Anzahl von Portugiesen, aber auch Belgier, Dänen, Holländer, Esten, Griechen, Norweger, Polen, Spanier, Schweden, Schweizer und Weissrussen. Diese Weissrussen waren ein spezielles Problem, waren sie doch Flüchtlinge, die vor der Deutschen Besetzung in Frankreich im Exil gelebt hatten. Sie waren staatenlos, die meisten von ihnen hatten nur Nansen Pässe oder überhaupt keine Ausweispapiere. Aus diesem Grunde wurde ihnen in den meisten Häfen der Landgang verwehrt. Die Schweizer konnten in den meisten Stellungen an Bord gefunden werden, einige waren Deck- oder Maschinenoffiziere, andere Matrosen, Stewards, Köche, Heizer oder Oeler. Allerdings war zu dieser Zeit nur ein Schweizer Kapitän im Einsatz. Dieser Kapitän war der 1895 geborene Fritz Gerber, der mit 18 Jahren in Bremen auf einem Segelschiff anmusterte. Die nächsten 10 Jahre fuhr er auf Windjammern auf der traditionellen Route von Europa nach Australien, um das Kap der Guten Hoffnung und um Kap Hoorn. Anschliessend folgten 11 Jahre als Kapitän beim Norddeutschen Lloyd, Bremen, auf Linien nach dem Fernen Osten und nach Sibirien. Die nächsten 5 Jahre fuhr er als Kapitän auf einem Deutschen Walfänger in der Antarktis. Nach dem Ausbruch des 2. Weltkrieges wurde er zuerst Kapitän des Dampfers ST. CERGUE, dann der S/S EIGER, später auf CRISTALLINA umbenannt. Im Jahr 1948 übernahm er die S/S ASCONA, die unter Honduras Flagge fuhr und in 1952 übernahm er das Kommando auf der M/S GENERAL DUFOUR. Leider erlag Kapitän Gerber noch im selben Jahr einem Herzinfarkt im Hafen von Taltal in Chile. Die einzigen Berufsleute die gänzlich in der Schweiz ausgebildet werden konnten, waren die Funker. Die Stellung des Funkers an Bord eines Schiffes wurde als eine absolut wichtige Position an Bord betrachtet und es wurde jede Mühe unternommen, um die Schweizer Schiffe mit Schweizer Funkern zu besetzen. Die Ausbildung wurde von Radio Schweiz AG in Bern durchgeführt, eine Vorgängerin der heutigen Telecom. Eine Schweizer "Küstenfunkstelle" mit dem Rufzeichen HBZ wurde auf dem Militärflugplatz in Dübendorf bei Zürich eingerichtet. Im Jahr 1949 wurde die Station zum neuen, zivilen Flughafen Zürich-Kloten verlegt und das Rufzeichen auf HEZ geändert. In 1963 wurde die Küstenfunkstelle abermals verlegt, nun nach Bern, mit dem neuen Rufzeichen HEB. Die Station war auch für Kurzwellensprechfunk für Flugzeuge ausgerüstet (LDOC = Long Distance Operational Control).
Nicht nur die Bemannung, die Reparaturen und die Versorgung mit Proviant, Ersatzteilen und Verbrauchsmaterial war schwierig, die Schiffe unter Kriegsbedingungen zu betreiben grenzte an das Unmögliche. Beide Kriegsparteien unterhielten Seeblockaden. Neben den üblichen Schiffsdokumenten musste jedes Schiff unter Schweizer Flagge zusätzlich eine Unmenge von Bewilligungen, Dokumente und Zertifikate ("Ship Warrants", "Navicerts" etc.) mit sich führen, jeweils ausgestellt für eine Reise. Auch musste jede Reise genauestens an die Alliierten und an die Deutschen Behörden gemeldet werden. Die Schiffe trugen das Wort SWITZERLAND in riesigen, weissen Buchstaben auf beiden Bordwänden und während der Dunkelheit waren sie hell beleuchtet. An verschiedenen, wo immer möglichen Stellen der Aufbauten war die Schweizer Flagge aufgemalt. Die Alliierten und die Deutschen hatten verschiede "Check-points" eingerichtet, wo die Schiffe gestoppt und durchsucht wurden. Viele restriktive Regeln und Vorschriften waren in Kraft. Es war den Besatzungsmitgliedern nicht erlaubt Notizbücher, Tagebücher, Zeichnungen, Nahrungsmittel, Zigaretten, Photoapparate etc. zu besitzen und wenn so was gefunden wurde, wurde es beschlagnahmt. Typisch ist die Geschichte der beiden Funker Jakob Wismer und Ernst Wyler, die im Januar 1944 zum Anmustern von Basel nach Lissabon reisten. Sie mussten in einem Transportzug der Wehrmacht reisen, als einzige Zivilisten unter Hunderten von Deutschen Offizieren und Soldaten. Bis Irun an der Französisch-Spanischen Grenze mussten sie in einem verdunkelten Abteil sitzen und die Reise bis Irun dauerte damals 65 Stunden. Ernst Wyler hatte drei, teilweise von Hand geschriebene Bücher über den Betrieb von maritimen Funkgeräten, um sie mit an Bord zu nehmen, musste er bei der deutschen Botschaft eine Bewilligung einholen mit folgendem Text: "Der Inhalt ist geprüft. Die Unbedenklichkeit und die Notwendigkeit zur persönlichen Mitnahme über die Grenze nach Portugal am 3. Januar 1944 wird bescheinigt. Eine Beförderung durch die Post ist wegen der Dringlichkeit der Reise nicht mehr möglich", gezeichnet "Bern, 31. Dezember 1943, Deutsche Gesandtschaft".
Es war unvermeidlich, dass der Seekrieg auch Verluste unter den Schiffen forderte, die für die Schweiz fuhren. Trotz der kleinen Anzahl von Frachtern und trotz all den Vorsichtsmassnahmen und Markierungen, wurden die Schiffe von der See und aus der Luft angegriffen. Und natürlich war die allgegenwärtige Gefahr auf eine Seemine aufzulaufen. Der von der Schweiz gecharterte Griechische Dampfer MOUNT LYCABETTUS verliess Baltimore am 11. März 1942 für Leixoes in Portugal, wo er jedoch nie eintraf. Das Schiff verschwand spurlos und alle Nachforschungen über sein Schicksal blieben erfolglos. Es kann allerdings angenommen werden, dass U-373 den Dampfer vermutlich am 14. März 1942 versenkte mit dem Verlust der gesamten Besatzung. Ein anderes Griechisches Schiff, die S/S HADIOTIS lief am 15. Februar 1941 in der Nähe von Leixoes, Portugal auf Grund. Das Wrack wurde von der KTA aufgekauft, flottgemacht und repariert. Dieses Schiff wurde als EIGER unter Schweizer Flagge im Herbst 1942 in Dienst gestellt. Die S/S MALOJA wurde am 7. September 1943 aus Versehen von Britischen Flugzeugen in der Nähe von Korsika versenkt. Drei Seeleute verloren ihr Leben. Auch die CHASSERAL wurde im Mittelmeer versehentlich von Britischen Flugzeugen angegriffen. Ein Seemann wurde getötet und vier Mann waren schwer verwundet, der Dampfer erlitt schweren Schaden. Das Schiff wurde nach Sète in Frankreich geschleppt und später repariert. Der Dampfer ALBULA lief am 21. Juli 1944 in Marseille ein, kurz vor der Befreiung der Stadt durch alliierte Truppen. Das Schiff sollte in Marseille blockierte Güter laden und sie in einen sicheren Hafen, wie Lissabon bringen. Ausserdem waren auch grössere Ueberholarbeiten eingeplant. In der Nacht vom 20. zum 21. August 1944 sprengten die sich zurückziehenden Deutschen Truppen die Kaimauern, wobei der Dampfer schwer beschädigt wurde und sank. Auch fiel ein grosser Hafenkran über die ALBULA und richtete zusätzliche Schäden an. Die Besatzung wurde vor den Sprengungen in ein 4 Kilometer entferntes Schulhaus evakuiert. Im Februar 1945 wurde das Wrack gehoben und zum Verkauf nach Lissabon geschleppt. Am 14. September 1944 war Personal der Französischen und der Amerikanischen Marine dabei den Hafen von Marseille von Minen zu räumen. Zu diesem Zwecke wurde Kapitän Gouretzky von der S/S GENEROSO angewiesen, seinen Dampfer im Hafenbecken einige 100 Meter zu einem sicheren Liegeplatz zu verholen. Während des Verholens lief das Schiff auf eine Mine. Die schwere Explosion erfolgte mittschiffs und der Kapitän und der Funker Christian Schaaf, die auf der Brücke standen, wurden ins Wasser geschleudert. Der Kapitän wurde getötet, der Funker jedoch überlebte schwer verletzt. Das Schiff sank und wurde zum Totalverlust. Als positiver Aspekt kann vermerkt werden, dass Schweizer Schiffe in verschiedenen Fällen Ueberlebende von torpedierten und sinkenden Schiffen bergen und in Sicherheit bringen konnten. Während der Kriegsjahre konnte die ST. CERGUE unter der umsichtigen Führung von Kapitän Gerber einige hundert Ueberlebende retten. Ein solch beispielhafter Vorfall ereignete sich im Juni 1942, als die ST. CERGUE von New York kommend, nach Genua unterwegs war und 214 Ueberlebende des gesunkenen Holländischen Dampfers JAGERSFONTAIN aus dem westlichen Nordatlantik retten konnte. Einige der Geretteten waren Offiziere der Amerikanischen Streitkräfte und Kapitän Gerber war besorgt, dass diese Leute während einer Durchsuchung durch die Mannschaft eines Deutschen U-Bootes entdeckt werden könnten. Folglich ordnete er an, dass sie ihre auffälligen Stahlhelme über Bord werfen mussten und zu jeder Zeit unter Deck zu verbleiben hatten. Schon nach anderthalb Stunden wurde die ST. CERGUE von einem Deutschen U-Boot angehalten, nachdem das Boot den Dampfer zuerst umkreist hatte und dann längseits kam. Der deutsche Kommandant erkundigte sich, ob alles in Ordnung wäre und warum das Schiff von dem vorgeschriebenen Kurs abgewichen wäre. Kapitän Gerber konnte seine Besorgnis verbergen und erwiderte ruhig, dass das Schiff auf unerwartete Querströmungen gestossen wäre. Der U-Boot Kommandant gab sich mit dieser Erklärung zufrieden und beharrte nicht auf einer Durchsuchung des Schiffes, sondern erlaubte der ST. CERGUE weiterzufahren.
Lange vor dem Ende des 2. Weltkrieges wurde in der Schweiz die Frage unter den interessierten Organisationen heiss diskutiert, ob das Land auch in Friedenszeiten eine eigene Hochseeflotte unterhalten sollte. Schon 1943 meldete der Schweizerische Spediteurenverband seine heftige Ablehnung an, weil der Verlust von lange festgeschriebenen, günstigen Frachtraten befürchtet wurde. Der Verband Schweizerischer Seereedereien war genau so fest überzeugt, dass nach dem Krieg ihre Aktivitäten fortgesetzt werden mussten. Die Schweizer Regierung unterstützte die Ansicht der Reeder, insbesondere als die politische und militärische Zukunft Europas als sehr unsicher betrachtet wurde. Wie zu erwarten war, brachte der Waffenstillstand am 8. Mai 1945 keine unmittelbare Verbesserung der Bedingungen in der Hochseeschifffahrt. Lissabon und die Französischen Mittelmeerhäfen blieben die Hauptumschlagplätze für Güter nach der Schweiz. Im Herbst 1945 waren die Häfen von Antwerpen, Savona und Genua wieder genügend geräumt und nahmen ihren Betrieb wieder auf. Im August 1945 hatten die Alliierten einen Schifffahrtspool ins Leben gerufen, die "United Maritime Authority", kurz UMA genannt. Ihr Hauptzweck war der geordnete Rückzug von militärischem Personal und Material von Europa. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich das Hauptinteresse der Alliierten, insbesondere der USA, auf den Pazifischen Kriegsschauplatz verlagert, um die Feindseligkeiten schnellstmöglich zu beenden. Die Schiffe der UMA waren daher auf ihrer Rückfahrt nach Europa gewöhnlich in Ballast. Dieser offene Schiffsraum wurde den Europäischen Regierungen zu günstigen Preisen angeboten. Der Schweiz wurden zehn Schiffe zugewiesen um ihre dringlichsten Bedürfnisse abzudecken. Diese Einheiten transportierten Kohle, Baumwolle, Bauxite, Aluminium, Schwefel, Stahl, Kupfer, Getreide, Zucker und viele andere Waren nach Genua, Savona und Antwerpen. Die UMA-Schiffe linderten weitgehend den Mangel an Schiffstonnage, die während der Kriegszeit allgegenwärtig gewesen ist. Jetzt allerdings, in der chaotischen Zeit nach der Beendigung des Krieges, war das grösste Problem die Beförderung der Fracht von den Seehäfen zu den Destinationen im Inland. Nicht nur arbeiteten die Häfen nicht im vollen Umfange, sondern die meisten Bahn- und Strassenverbindungen in Europa waren entweder zerstört oder stark beschädigt und grösstenteils nicht brauchbar. Auch herrschte ein grosser Mangel an Fahrhabe. Glücklicherweise wurde im Februar 1946 die Binnenschifffahrt auf dem Rhein wieder eröffnet und die schlechten Bahn- und Strassenverbindungen konnten umgangen werden. Der direkte Umschlag von den Seeschiffen auf die Binnenschiffe in Häfen wie Rotterdam und Antwerpen verringerte auch die Belastung der Hafeninstallationen. Im März 1946 wurde die UMA wieder aufgelöst. Langsam normalisierten sich die Zustände im Seetransportgeschäft wieder. Die Schweiz war nun auch in der Lage, die in den Häfen von Lissabon, Las Palmas und Funchal angelegten Brennstofflager wieder aufzugeben. Zwischen Februar und April verkaufte das KTA auch seine vier Schiffe an private Schweizer Reeder (siehe Tabelle 1). Auch die Zeitcharter der Griechischen Schiffe wurden nach und nach beendigt und die Schiffe an ihre Eigner zurückgegeben.
Die Schweizer Regierung und die Reeder kamen überein, dass zwei Aufgaben höchste Dringlichkeit besassen, erstens musste die Flotte modernisiert werden und zweitens deren Tonnage vergrössert werden. Praktisch alle während dem Krieg gekauften Schiffe waren alt, langsam, klein und sehr ineffizient, daher auch teuer im Betrieb. Der Brennstoffverbrauch war sehr hoch und in keiner Beziehung zu der langsamen Geschwindigkeit. Auch waren sie unzuverlässig und neigten zu häufigen Pannen, die zu Zeitverlusten, Extrakosten und teilweise auch zu gefährlichen Situationen führten. Als im Juni 1950 der Koreakrieg ausbrach, stiegen die Frachtraten für Massengüter gleich um 100 % und mehr an. Sollte sich der Krieg ausweiten, wäre die Schweiz wohl wieder vollkommen abhängig von der eigenen Flotte um die benötigten Rohstoffe zu transportieren. Allerdings war die vorhandene Flotte zu klein, bestand sie doch nur aus zehn alten Einheiten von ungefähr 70'000 Tonnen Tragfähigkeit. Der Verband Schweizer Seereedereien arbeitete einen Plan aus, um die Tragfähigkeit der Flotte um mindestens zusätzliche 60'000 Tonnen zu vergrössern. Die Schweizer Regierung beschloss eine einmalige Subvention in der Form von günstigen Langzeitkrediten zur Verfügung zu stellen. Diese Kredite deckten ungefähr 75 % der Baukosten für Neubauten oder des Kaufpreises für bestehende Schiffe, aber die Konditionen waren sehr einschränkend gehalten. Die Schiffe konnten während einer Periode von zehn Jahren nicht verkauft werden, ausser mit der Genehmigung des Staates. Der zu erwerbende Typ der Schiffe war klar definiert, sie sollten einem modernen Entwurf entsprechen, eine Mindestgeschwindigkeit von 12 Knoten haben und während dem Dienst unter Schweizer Flagge in erstklassigen Zustand gehalten werden. In zwei Schritten wurden für insgesamt 78,2 Millionen Schweizerfranken 12 Schiffe gebaut und angekauft. Ihre gesamte Tragfähigkeit betrug fast 100'000 Tonnen. Andere Schiffe wurden mit privatem Kapital gekauft oder bestellt. Am 31. Dezember 1952 bestand die Flotte unter Schweizer Flagge aus 36 Einheiten mit einer Gesamttragfähigkeit von 207'291 Tonnen und einem Durchschnittsalter von 13 Jahren. Natürlich wurde es notwendig, dass man die Rolle einer grösseren und modernen Handelsflotte in Friedenszeiten neu definieren und festlegen musste. Bei der Schweizer Regierung wurden die Frachtschiffe immer noch als eine Art Versicherung betrachtet, sollte wieder ein bewaffneter Konflikt ausbrechen. Es war jedoch in keiner Weise vorsehbar, wann und wo ein solches Ereignis eintreten könnte, dies erschwerte jegliche Detailplanung. Eines war die Erhaltung einer Flotte mit einer minimalen Tragfähigkeit und sie jederzeit zum Einsatz zur Landesversorgung zur Verfügung zu haben. Das andere war ein Plan, der wirksam umgesetzt wurde, um genügend Schweizer Schiffspersonal für den Kriegfall bereit zu halten. Alle Schweizer Seeleute, die eine gewisse Zeit zur See gefahren waren und genügend Erfahrung hatten, wurden in einer Liste registriert. Diese Liste wurde vom Schweizerischen Seeschifffahrtsamt geführt und wurde mit den Militärischen Behörden abgesprochen. Im Falle einer Mobilmachung der Armee wären alle auf der Liste aufgeführten Personen vom Militärdienst befreit wurden und wären zur Dienstleistung auf unseren Schiffen befohlen worden. Nachdem sich die Bedingungen normalisiert hatten und der Welthandel gegen Ende der vierziger Jahre im Aufschwung begriffen war, wurden die Schweizer Schiffe nicht mehr benötigt, um die Versorgung des Landes sicherzustellen und die Reeder mussten ihre Schiffe im freien Markt beschäftigen. In einem Fall wurden zwei Massengutfrachter über einige Jahre in einer Art Shuttleservice zwischen Australien und Japan eingesetzt. Andere Schiffe wurden in Langzeitcharter an grosse Reedereien in Europa oder Uebersee vergeben, wie z.B. Hapag-Lloyd in Deutschland oder Saguenay Terminals (ALCAN) in Kanada. Eine Reederei, Keller Shipping in Basel, gründete ihre eigenen Liniendienste zwischen Europa, West Afrika und den Mittelmeerhäfen. Diese Firma repräsentiert auch Lloyds of London in der Schweiz. Die M/V BASILEA der Schweizerischen Reederei AG fuhr in Langzeitcharter für Rickmers, Bremen in deren Liniendienst von Europa nach China. Zu dieser Zeit waren die Gegebenheiten im Welthandel günstig und alle traditionellen Schifffahrtsnationen konnten ihre Flotten ausbauen und vergrössern. Auch die Betreiber der Schweizer Flotte bemühten sich, jedoch war ihr Augenmerk in erster Line darauf gerichtet, die Tragfähigkeit zu vergrössern (grössere Schiffe anstelle von mehr Schiffen). Die Anzahl der Schiffe schwankte im kleinen Rahmen, aber die Tonnage vergrösserte sich kontinuierlich. Am 31. Dezember 1974 waren 26 Einheiten unter der Schweizer Flagge mit einer Gesamttragfähigkeit von 308'425 Tonnen. Im April 1986 zählte man 34 Schiffe mit total 580'965 Tonnen und einem durchschnittlichen Alter von 9,5 Jahren und am 12. Februar 1998 waren nur noch 20 Einheiten in der offiziellen Statistik aufgeführt, aber die Tonnage war auf erstaunliche 769'745 Tonnen gestiegen. Das Durchschnittsalter der Schiffe lag bei zehn Jahren. Der Anteil von Schweizer Bürgern unter den Seeleuten der Schweizer Handelsflotte war 1965 mit 62 % am höchsten. Im Jahr 1997 waren total 393 Personen an Bord von 19 Schiffen beschäftigt, davon waren nur noch 11,7 % von Schweizer Nationalität, sechs davon waren Kapitäne. Der Rest der Besatzungen kam von den folgenden Ländern: Deutschland (1 Kapitän), Chile, Indonesien, Italien, Jugoslawien, Bosnien, Kroatien, Philippinen, Polen, Slowakei, Slowenien, Spanien und der Ukraine. Mit der Registrierung des Bulk Carriers VINDONISSA von 45'527 Tonnen DWT im Februar 1998, müssen oben genannte Zahlen leicht angepasst werden. Ueberraschend, das "Lloyd's Maritime Directory" von 1997 verzeichnet 27 in der Schweiz registrierte Reedereien. Diese Firmen besitzen oder betreiben gesamthaft 277 (jetzt 278) Hochseeschiffe. Der grossteil der Schiffe, ausser der 20 unter Schweizer Flagge fahren Einheiten, sind unter Billigflagge registriert.
Die langsame aber stetige Verschlechterung der Bedingungen für die internationale Seefahrt während der letzten Jahrzehnte hinterliess auch in der kleinen Schweizer Hochseeflotte ihre Spuren. Einige Reedereien gaben ihren Betrieb auf, andere flaggten ihre Schiffe um unter sogenannte Billigflaggen und hörten damit auf, offiziell in der Schweiz zu existieren. Das prominenteste Opfer dieser Entwicklung war die einst führende Schweizerische Reederei. Die Firma besteht noch, aber beschäftigt sich hauptsächlich mit der traditionellen, aber jetzt modernisierten Rheinschifffahrt. Als Noël Mostert in 1974 sein Buch "Supership" publizierte, war der Leser unter dem Eindruck, dass sich die Lage wohl kaum noch verschlechtern könnte. Allerdings waren später kaum Fortschritte gemacht worden und teilweise ist die Situation heute wohl schlechter als in 1974. Natürlich waren da immer Reedereien, die nach höchsten Qualitäts- und Sicherheitsstandards strebten und auch Schweizer Firmen gehörten oder gehören immer noch zu dieser Klasse. Es ist schwierig zu sagen, was die Zukunft für die Schweizer Handelsschiffe bringen wird, man kann nur hoffen, dass sie nicht gänzlich verschwinden werden. Henri Walser Dieser Artikel wurde erstmals in Englisch im SHIP'S MONTHLY, April 1999 veröffentlicht. Vom Team Swiss-Ships möchten wir noch folgende Anmerkungen machen: Die GENEROSO wurde am 19.09.1944 im Hafen von Marseille von einer Triebmine versenkt. Wie uns das BWL (Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung) in Bern bestätigt hat, verliess die MOUNT LYCABETTUS Baltimore am 11.03.1942 und verschwand am 17.03.1942. Gemäss www.uboat.net verliess der Dampfer Baltimore am 13.03.1942, wurde am 14.03. als vermisst gemeldet und wurde vermutlich am 17.03.1942 von U-373 versenkt. Die ALBULA sollte zusammen mit der GENEROSO die für die Schweiz in Marseille gelagerten Güter nach Barcelona in Sicherheit bringen. |
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