M/S GENERAL DUFOUR 1956
M/S BADEN 1958
Nordafrika in Aufruhr
Manuskript: Heinz Läuffer
Inhalt:
Nordafrika in Aufruhr Seeleute als Berufsreisende werden manchmal zu unfreiwilligen Zeitzeugen politischer Ereignisse oder geopolitscher Umwälzungen in aller Welt. Solches erfuhr im politisch turbulenten Jahr 1956 auch die Besatzung der M/S GENERAL DUFOUR in Nordafrika. Schon seit 1954 war in Algerien ein schmutziger Untergrundkrieg im Gange. Das französische Generalgouvernement mit einem Bevölkerungsanteil von ca. 1 Mio. Franzosen, teils im Land geboren, den sog. ’’Pieds-noirs’’, war für Frankreich von grosser wirtschaftlicher Bedeutung. Als ich im August 1954 auf einer Ferienreise auf Kap-Spartel beim Leuchtturm über die Meerenge nach dem nur 30 km entfernten Europa blickte, war dies mein erster Kontakt mit diesem Kontinent. Ich konnte nicht ahnen, dass ich wenige Jahre später diese Landmarke auf der Fahrt nach Westafrika oder zurück mindestens zehn Mal als Seemann umfahren sollte. Das nahegelegene Tanger war damals internationale Stadt und Marokko noch in französischer Hand. Erst 1956 erlangte das Königreich Marokko nach blutigen Unruhen die volle Unabhängigkeit. Am 15. Mai 1956 hatte ich in Genua als Carbonaio, d.h. Trimmer, auf der GENERAL DUFOUR im Maschinendienst angemustert. Wir waren total zehn Schweizer, davon sieben Mann Maschine. Dieser als Hungerdampfer bekannte Nautilus-Liner hatte damals einen ungewöhnlich grossen Personaldurchsatz. Vor allem mit der Verpflegung war man unzufrieden. Frankreich im Kriegszustand Die beiden algerischen Häfen Algier und Oran wurden von den Linienschiffen der ’’Nautilus Line’’ (Keller Shipping) regelmässig von Marseille aus bedient. Die Ladung bestand nebst Versorgungsgütern meist aus Nachschub für die dort stationierte französische Armee, d.h. Kleinwaffen-Munition und Ausrüstung. Das Löschen erfolgte im Militärhafen unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen inklusive Unterwassersicherung durch Froschmänner. Denn diese Aktivitäten dürften der Befreiungsfront FLN nicht entgangen sein. Dass sich die Republik Frankreich de facto nun im Kriegszustand befand, war in Marseille schnell erkennbar. Im Strassenbild entdeckte man vermehrt Angehörige der noch bestehenden Kolonialarmee, in ihren teils bunten und fremdartigen Uniformen. Darunter auch viele Fremdenlegionäre im Ausgang, erkennbar an ihren weissen Käppi. Die ’’Legion étrangère’’ unterhielt im alten Hafen im Fort St. Jean einen Stützpunkt mit einem Rekrutierungsbüro. Es kam vor, dass uns Legionäre bei Gelegenheit ansprachen und sich diskret nach unserem nächsten Fahrziel erkundigten. Anzunehmen war, dass sich diese durch Desertion der drohenden Entsendung nach Algerien entziehen wollten. Kontrolle des Seeverkehrs Dass im nordafrikanischen Raum eine politische Wende bevorstand, war schon durch die auffallend grosse Flottenpräsenz im westlichen Mittelmeer zu erkennen. Nicht nur Frankreich auch Spanien hielt ständig einige Einheiten unter Dampf. Jeden Abend lief aus einem algerischen Hafen ein Schiff der französischen Marine aus mit dem Auftrag, den Seeverkehr vor der Küste zu überwachen. Es sollte verhindert werden, dass im Schutze der Nacht Waffen für die erstarkte Befreiungsfront FLN an Land gebracht werden. In Küstennähe fahrende Schiffe wurden oft angehalten und durchsucht. Tagsüber wurde diese Aufgabe von Marineflugzeugen übernommen. Im fraglichen Seegebiet wurde unser Schiff jeweils mehrfach im Tiefflug zu Inspektionszwecken überflogen und per Funk nach dem Woher und Wohin und nach unserer Ladung befragt. Und das in internationalen Gewässern. Algier, die Hauptstadt von Algerien, auch die ’’Weisse Stadt’’ genannt, zieht sich, ausgehend vom modernen Geschäftsviertel am Küstenboulevard der Europäer Stadt bis zu der an einem Hügel aufsteigenden Medina, der Altstadt. Dazwischen findet man viele Geschäfte, Bistros und die stets belebten Strassencafés. Reparatur in Algier Aber es lag ein Schatten über der geschäftigen Metropole. Der im Hinterland ausgebrochene Unabhängigkeitskrieg hatte mittlerweile auch die Städte erreicht. Ab 24 Uhr bestand in Algier ein vollständiges Ausgehverbot bis morgen früh. Es kam immer wieder vor, dass schwer bewaffnete FLN-Terroristen mit Autos an vorwiegend von Franzosen frequentierten Strassenrestaurants und Cafés vorbeirasten und die Gäste mit MP’s unter Feuer nahmen. In Kenntnis dieser Gefahren beschlich uns jeweils ein mulmiges Gefühl auf unserem Weg ins Stadtzentrum, wenn uns auf der Seepromenade ein Wagen kreuzte. Eine Deckung gab es hier nirgends. Unser Ausgang beschränkte sich ohnehin nur auf das näher gelegene Europäer Viertel. Abgesehen von der Militärpräsenz und dem fehlenden Nachtleben nahm das Leben in dieser schönen Stadt jedoch seinen gewohnten Lauf. Es zeichnete sich bald ab, dass unser Hafenaufenthalt diesmal länger dauern dürfte. Die Schiffsführung fasste den Entschluss eine anstehende, grössere Reparatur vor der bevorstehenden Westafrikareise ausführen zu lassen. Mit Hilfe der Werft und unter Aufsicht von Lloyd’s wurde an der Doxford-Hauptmaschine ein Zylinder ausgebaut und die darunter liegende Dichtung ersetzt. Man hatte im Carter zunehmend, hier unerwünschtes Kühlwasser festgestellt. Aufgrund der Ausgangssperre mussten die einheimischen Werftarbeiter über Nacht bei uns an Bord verbleiben. Diese nicht alltägliche Reparatur forderte der Maschinencrew alles ab. Wir konnten nicht ahnen, dass wir dieselbe Übung im fernen Lagos unter erschwerten Bedingungen wiederholen durften, diesmal jedoch ohne Werftunterstützung. Patricio der «Blinde Passagier» Das Werk war vollbracht und eingedenk der Tatsache, dass wir zwingend vor Beginn der Ausgangssperre an Bord sein mussten, gingen wir an Land. Mit von der Partie war auch unser Messboy Patricio. Als sog. ’’Blinder Passagier’’ kam er beim Salzladen auf der Kapverdischen Insel Sal an Bord. Er hoffte auf eine Fahrgelegenheit nach Südamerika, wo angeblich sein Vater lebte. Als Papierloser konnte der Jüngling aber in keinem Hafen abgeschoben werden und so durfte er schliesslich als Messboy der Crewmesse an Bord bleiben. Patricio war der erklärte Liebling der ganzen Mannschaft. Später verhalf man ihm auf einem portugiesischen Konsulat zu einem Pass. Man muss bedenken, dass damals Portugal interessiert war, billige Arbeitskräfte in ihrer Inselkolonie zu behalten. Wer sich absetzte, wurde vom Diktaturregime Salazar als ’’Republikflüchtling’’ behandelt und mit Gefängnis bestraft. Zwei Jahre später wurden wir auf der BADEN mit demselben Problem konfrontiert. Einen Tag nach dem Salzladen vor Anker in der Bucht ’’Pedra de Lume’’, auf der Insel Sal entdeckten wir in einem Lifeboot ebenfalls einen illegalen Auswanderer. Wir übergaben ihn in Dakar den Behörden. Intermezzo im Militärhafen Nun zurück zu unserem vorerst recht unspektakulären Landgang. Die Zeit verging im Fluge. Der Uhrzeiger war auf 15 Minuten nach 23 Uhr vorgerückt, als wir uns um ein Taxi bemühten. Aber wir waren nicht die Einzigen, die eine schnelle Fahrgelegenheit vor der Sperrstunde suchten. Endlich klappte es. Zu viert zwängten wir uns in den schwarzen Citroen (genannt Räuberauto). Wir nannten dem einheimischen Driver das Fahrziel, ein Pier im Handelshafen, an das wir zur Reparatur verholt hatten und baten um Beeilung. Was sich nun aber am Ende der Fahrt abspielte, war so in keinem Drehbuch festgeschrieben. Statt am verlangten Pier vor unserem Schiff, landeten wir im strengbewachten Militärhafen. Zur Klärung dieses Missverständnisses blieb uns keine Zeit. Die Autotüren wurden aufgerissen und wir blickten völlig überrascht in die Mündungen von Gewehrläufen. Mit erhobenen Händen wurde uns befohlen, langsam auszusteigen. Gar nicht so einfach bei den engen Platzverhältnissen. Als die Soldaten den kraushaarigen Patricio mit dem afrikanisch-arabischen Aussehen bemerkten, war für diese klar, wer so dreist direkt in eine Sperrzone eindringt, führt etwas im Schilde. Als potentielle Saboteure oder Terroristen wurden wir denn auch behandelt. Streng bewacht von einem Dutzend baumlanger Senegalesen standen wir mit erhobenen Händen mit dem Gesicht zu einer Gebäudewand, während eine zweite Gruppe das Auto durchsuchte. Sobald einer von uns Ermüdungserscheinungen zeigte, wurde mit dem Waffenlauf im Rücken der Aufforderung Nachachtung verschafft. Erst nachdem das Taxi gründlich durchsucht worden war, sogar die Sitze wurden ausgebaut, war man bereit, uns anzuhören. Nun konnten wir endlich unsere ’’Laissez passer’’, die Landgangspässe dem kommandierenden Offizier vorweisen. Nachdem jeder Einzelne von uns einer gründlichen Leibesvisitation unterzogen worden war und eine mühsame Befragung in der Landessprache sattgefunden hatte, wurde wir von einem Trupp zum Schiff eskortiert. Um ganz sicher zu gehen, musste jeder von uns von einem Vorgesetzten identifiziert werden. Der Taxifahrer tat uns leid, weshalb er den falschen Hafeneingang erwischte, blieb jedoch ungeklärt. Algier, gefährlicher Ausgang Nun, dieses nicht alltägliche Vorkommnis hätte uns Landgängern eigentlich eine Warnung sein müssen. Die Reparatur an der Hauptmaschine dauerte länger als geplant und so ergab sich am nächsten Nachmittag nochmals die Gelegenheit diese interessante Stadt näher kennen zu lernen. Francois unser Moses aus der Romandie, welcher einen Grossteil seiner Jugend in Algier verbrachte und leidlich Arabisch sprach, anerbot sich, uns diese Stadt in ihrer ganzen Vielfalt vorzustellen. Diese Gelegenheit konnten wir uns nicht entgehen lassen. Zu viert starteten wir nachmittags zur Stadtexkursion. Schon bald verliessen wir die belebten, breiten Boulevards des Europäerviertels und folgten den Quartierstrassen, die ringförmig die Medina, den arabischen Stadtteil umschliessen. Von diesen Ringstrassen aus führen unzählige steile Strassen und Gässchen hinauf in die mit Seitengassen und Treppen labyrinthartig erschlossene Altstadt. Vorbei an winzigen Ladengeschäften und Handwerksbetrieben ging es stets bergan. Es war eine fremde, bunte und faszinierende Welt, die uns hier umgab. Das Leben spielte sich weitgehend im öffentlichen Raum ab. Die Gassen waren gleichzeitig auch Werkplatz für das alte nordafrikanische Gewerbe der Silberschmiede und der Kunst der Bearbeitung von Buntmetallblech. Alle Wohlgerüche Arabiens und auch andere umgaben uns. Francois war wirklich ein exzellenter Fremdenführer. Vor lauter Neugier übersahen wir jedoch die zunehmend feindseligeren Blicke der bärtigen Männer und der verschleierten Frauen, die uns begleiteten, je höher wir zur Kasbah hochstiegen. Plötzlich wurde es laut und wir hörten das scharrende Geräusch von Kampfstiefeln. Wir sahen uns umringt von einem Trupp schwerbewaffneter Soldaten, welche aus einer Seitengasse heranstürmten. Es waren französische Fallschirmjäger (Parachutes), die uns sofort nach allen Seiten sichernd in die Mitte nahmen und nach dem ersten Erstaunen zusammenstauchten. Denn für diese erfahrenen Kämpfer im hinterhältigen Kleinkrieg, war es unverständlich, dass sich jemand ohne Not diesen realen Gefahren aussetzte. Und in der Tat, der Hass auf die Kolonialmacht machte sich jeden Tag durch unzählige Morde an französischen Staatsbürgern und deren Helfern Luft. Nun wurden wir zum zweiten Mal, aber diesmal zu unserem Schutz aus der potentiellen Gefahrenzone hinaus eskortiert. Mit der eindringlichen Ermahnung, diesen Teil der Stadt nicht mehr zu betreten, wurden wir vom zuständigen Abschnittskommandanten entlassen. Meine Französischkenntnisse waren nicht gut genug, dass ich alles verstehen konnte, aber seine Botschaft kam an. In der untersten Ringstrasse angekommen, erkannten wir erst, in welcher Gefahr wir waren. Auf der Kreuzung stand gefechtsbereit ein AMX-Panzer, dessen Geschützrohr auf jene Strasse gerichtet war, aus der wir soeben herkamen. Auf dem Rückweg zum Hafen sahen wir an vielen Knotenpunkten aufgefahrene Panzerfahrzeuge und Personenkontrollen. Alle Zugänge zur Altstadt waren abgeriegelt, während Suchtrupps die Medina Gasse um Gasse durchkämmten. Nun war alles klar. Wir waren zwischenzeitlich in eine grossangelegte Razzia gegen die Befreiungsfront FLN geraten. Wir hatten das Pech oder war es Gottes Fügung, dass wir das letztlich nicht ungefährliche Unternehmen abbrechen mussten. Marseille, Schiesserei im Hafen Dass in jener Zeit das Leben eines Nordafrikaners keinen grossen Stellenwert besass, bewies folgender Vorfall in Marseille, dessen Zeuge ich wurde. Die Zufahrt zum offenen Hafengelände führt über eine Fachwerkbrücke, welche eine Bahnlinie überspannt. Auf der gegenüberliegenden Seite am Hafeneingang befand sich ein kleines Bistro mit einigen Tischen am Strassenbereich. Von hier aus konnte man weite Teile des Hafens und auch die nahe Brücke überblicken. Dieses Bistro eignete sich vorzüglich als letzte Tankstelle vor der Heimkehr an Bord oder als Treffpunkt vor dem Landgang. Nun wartete ich als Frühgast auf meinen Kumpel Hans, bereit zum Ausgang. Plötzlich wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. Ein schwarzer Citroen preschte heran, verfolgt von einem blauen Fahrzeug der ’’Garde mobile’’, der schnellen Sonderpolizeieinheit. Der Fluchtwagen wurde gestoppt. Aus dem Polizeiwagen stürmten mit den Waffen im Anschlag die Sicherheitskräfte auf den Wagen zu. In diesem sassen, soweit ich sehen konnte, vier arabisch aussehende Männer. Die Polizisten hielten ihre Waffen in die offenen Wagenfenster und forderten die Insassen zum Aussteigen auf. Während drei Männer der Aufforderung mit erhobenen Händen nachkamen, drehte sich der vierte um und versuchte, in Richtung Hafenausgang zu entkommen. Ohne zu zögern brachte einer der Polizisten sein Gewehr in Anschlag und streckte den Flüchtenden mit einem gezielten Schuss nieder. So wie die Aktion anschliessend ablief, muss der Schuss tödlich gewesen ein. Diese für die innere Sicherheit Frankreichs zuständige Polizei, so auch für die Terrorbekämpfung, ist für ihr rigoroses Vorgehen bekannt. Aufstand in Ifni Auch ’’Franco Spanien’’, welches im heutigen Königreich Marokko noch die am Atlantik gelegenen Besitzungen Spanisch Sahara ehemals ’’Rio de Oro’’ und die in Marokko liegende Exklave Ifni besass, wurde von Unruhen nicht verschont. 1956 kam es in Ifni zu einem Aufstand gegen die Kolonialmacht. In aller Eile lief die spanische Flotte darauf zur Hilfeleistung aus. Anlässlich eines Bunkerhalts in Las Palmas wurden wir Zeuge der Ankunft, der aus Ifni mit Kriegsschiffen evakuierten spanische Staatsangehörigen. Wir konnten beobachten, wie am gegenüberliegenden Pier Sanitätsfahrzeuge vorfuhren. Auf unzähligen Tragbahren wurden die schwerverletzten und die nicht gehfähigen Überlebenden des Massakers aus den Schiffen getragen und mit den Ambulanzen eilends in die Inselspitäler gefahren. Späteren Zeitungsberichten zufolge muss der Mob furchtbar gewütet haben. Mit Messern und Äxten sollen ganze Familien abgeschlachtet oder verstümmelt worden sein. Vielen Opfern wurden Gliedmassen abgehackt. Auch Frauen und Kinder wurden nicht verschont. FLN und Ifni 1956, IS 2016, die Methoden sind in dieser Kultur offenbar immer noch dieselben. Putsch in Oran Auf der Rückfahrt von Westafrika nach Europa an Bord der M/S BADEN gerieten wir in der ersten Hälfte Mai 1958 erneut in den Fokus der Weltpolitik. Die Häfen Oran und Algier sollten noch vor Europa angelaufen werden. Als wir in Oran einliefen, mussten wir zur Kenntnis nehmen, dass sich die Situation im Lande inzwischen drastisch verschärft hatte. Wenige Stunden zuvor am 13. Mai hatten sich die Algerien-Franzosen unter der Führung von General Jacques Massu, dem Oberkommandierenden der französischen Truppen in Algerien vom Mutterland losgesagt. General Massu, ein alter Haudegen der Fallschirmtruppen fühlte sich wie alle ’’Pieds-noirs’’ von Frankreich verraten und erklärte Algerien für unabhängig. Es war ein veritabler Putsch der sich hier in diesen Stunden ereignete. Militär zog auf und an den verdienten Landgang nach der langen Seezeit war nicht zu denken. Der ehemalige General Charles de Gaulle, nun Ministerpräsident Frankreichs, reagierte sofort und verhängte den Ausnahmezustand. Unser letzter Hafen auf dem afrikanischen Kontinent war Algier. Auch hier in der Hauptstadt war die Lage völlig unklar. Man wusste nicht, wer das Sagen hatte. Ausnahmezustand in Toulon Unsere nächste Destination und erster Anlaufhafen in Europa war Toulon, der wichtigste Marinestützpunkt Frankreichs am Mittelmeer. Dieser Hafen wurde so gut wie nie besucht. Wir waren dann auch der einzige zivile Frachter vor Ort. Toulon ist auch Heimathafen vieler Marineeinheiten und besitzt ein riesiges Trockendock. In diesen Tagen lag eines der beiden letzten Schlachtschiffe, welche den Krieg überlebt hatten zur Wartung im Dock. Es war entweder die ’’Richelieu’’ oder die ’’Jean Bart’’. Was da im Trockendock lag, hatte imposante Ausmasse. Grösse 48000 t, Speed 32 Knoten, Bewaffnung 8 Geschütze Kal. 380, 9 Geschütze Kal. 152, 12 Gesch. Kal. 100. Gesichert wurden diese grössten Flotteneinheiten durch über 100 Fliegerabwehrkanonen. Die gebündelte Feuerkraft war also gewaltig, aber im Raketenzeitalter überholt. Nun zurück zu unseren Bedürfnissen. Toulon war auch Garnisonsstadt und erfahrungsgemäss war an solchen Plätzen das Freizeitangebot für Soldaten wie Seeleute am grössten. Dem war leider nicht so. Die Marine hatte Urlaubsperre. Es herrschte ja Ausnahmezustand und alle Bars, Etablissements und auch Häuser der Freude blieben geschlossen. Für uns Afrikafahrer, die wir nun nach zwei Monaten Schwarzafrika wieder zivilisierten europäischen Boden betraten, wahrlich ein harter und unverdienter Schicksalsschlag. Heinz Läuffer, 20. Juni 2019 |