Die Firmengeschichte von Kapitän Jörg Johannsen, geschrieben vom langjährigen Kapitän und Mitglied der Geschäftsleitung bei Suisse-Outremer, mit Ergänzungen von H. P. Schwab aus dem Bundesarchiv in Bern. Wir danken Kapitän Johannsen für seinen interessanten Beitrag. Gemäss der Festschrift „200 Jahre Bank Pictet & Cie“ befand sich diese Bank während und nach dem 2. Weltkrieg in einer Phase der Expansion in andere, nicht bankbezogene Aktivitäten. Zum Beispiel baute die Privatbank Pictet & Cie, Genf eine Raffinerie in Antwerpen und in 1949 gründeten sie die Transports Maritimes Suisse-Outremer S.A. (TMSO) in Genf, zusammen mit ihrer Partnerbank Ferrier, Lullin & Cie. Genf. Das Domizil befand sich an der Rue Diday 6 im Quartier auf der linken Seite der Rhone. Als erstes Schiff übernahm die Firma am 13.04.1949 die ANUNCIADA. Ohne Änderung des Namens ging das Schiff in das Eigentum der TMSO über und wurde unter Schweizer Flagge registriert. Das Schiff fuhr bis 1953 Getreide für die Eidgenössische Getreideverwaltung. Im Sommer immer zwei Reisen nach Port Churchill in der Hudson Bay (Ohne Radar!). In 1952 wird die ALLOBROGIA in Flensburg gebaut und unter Schweizer Flagge in Betrieb genommen. Die TMSO war zu dieser Zeit eine reine Eignerfirma und die Bereederung der zwei Schiffe erfolgte durch die Alpina Transport & Affrêtements S.A. Antwerpen, einer Tochtergesellschaft der Schweizerischen Reederei AG (SRAG) in Basel. Per 01.01.1953 wurden neue Büros an bester Lage an 13, Quai de l’lle auf der grossen Rhone Insel bezogen. Auch 1953 erfolgt die Gründung der Betriebsgesellschaft Suisse-Outremer S.A. de Gerance et Affretements Maritimes, Genf, zum Zwecke des Betriebes der beiden Schiffe in eigener Regie. Der Direktor wird Jean Fornet (Geb.1922), ein Finanzmann aus der Bank Pictet und technischer Direktor wird Alfred Lüssi, der von der Alpina übernommen wurde. 1954 Bereederung der FLORIDA, Eigentümer Bogdan G. Pusich aus Suhr, Kanton Aargau. Deutsche Besatzung. Ungefähr im Jahr 1959 bezog die Firma ein neues Büro an der Avenue Krieg 7 im Quartier Malagnou, das bis zum Wegzug nach Zürich beibehalten wurde. April 1957, die Suisse-Outremer übernimmt von Suisse-Atlantique das Management der NYON. Leider lief das Schiff am 15.11.1958 an der schottischen Ostküste bei St. Abbs Head auf Grund, damit war auch das Management durch Suisse-Outremer beendet. In 1959 wird bei den Nordseewerken in Emden die ARIANA gebaut und unter Schweizer Flagge in Betrieb genommen. Es ist ein Frachtschiff der Luxusklasse, mit Platz für 10 Passagiere. Verchartert wurde es an die Deutschen Afrika Linien weil es vom Konzept her gut in deren Linie nach Süd- und Ostafrika passte. Hans Heinrich Thyssen-Bornemisza (Geboren in Scheveningen, Niederlande am 03.04.1921, gestorben am 27.04.2002 in Sant Feliu de Guíxols, Spanien und Bürger von Lugano) hatte neben seiner Kunstsammlung eine zweite "Schwäche", die Schifffahrt. Bereits vor dem 2. Weltkrieg gehörte die Halcyon-Line in Rotterdam zur TB Gruppe, die sich nur mit Erz- und Kohletransporten befasste. Da der Baron auch mit 25% an der Flensburger Schiffsbaugesellschaft beteiligt war, wurden dort 6 Schiffe für die Halcyon-Line gebaut, wovon dann eines, die spätere CASTAGNOLA als Stückgutschiff konzipiert wurde, es wurde ein Zwischendeck eingezogen, sowie das Ladegeschirr erweitert und verstärkt. Die CASTAGNOLA wurde am 16.05.1961 als erstes Schweizer Schiff des Barons für seine Firma St. Gotthard Schiffahrts AG, Chur, in Dienst genommen. Er wohnte damals in der Villa "Favorita" in Castagnola, bei Lugano, was wohl den Schiffsnamen erklärt. 1961 Übernahme der beiden in Gdansk gebauten Mehrzweck-Frachter RHIN und RHONE. Beide Schiffe gehören der Socef in Zürich, einer Tochtergesellschaft der Reederei Louis Dreyfus & Cie. Paris. Der Baron ist mit einem Drittel an den Schiffen beteiligt. Beide fahren unter Schweizer Flagge im Liniendienst der SEAS, einem Verbund französischer Reedereien zwischen Südamerika Ostküste und Hamburg. 1962 Bau und Übernahme der beiden ersten Kühlschiffe unter Schweizer Flagge CALANCA und CASTANEDA für die St. Gotthard Schiffahrts AG, Chur. Beide Schiffe fahren im Pool mit der Reederei Dammers & van der Heide, Rotterdam. Die Bauwerft Gusto in Schiedam, gehörte auch zur Thyssen-Bornemisza-Gruppe. 1963 zieht sich Banque Pictet in Genf aus dem Schifffahrtsgeschäft zurück und verkauft ihre drei Schiffe (die A-Schiffe), zusammen mit der Eignergesellschaft TMSO, deren Aktien von der Firma Helica S.A. einer Tochterfirma der Suisse-Atlantique S.A. in Lausanne übernommen wurden. Zu dieser Zeit waren ungefähr zehn Personen im Büro beschäftigt. Es erfolgt die Übernahme der Reederei Suisse-Outremer S.A. de Gerance et Affretements Maritimes durch Hans Heinrich Thyssen-Bornemisza. Zugleich am 30.08.1963 Verlegung des Sitzes nach Zürich an die Oerlikonerstrasse 88. Neuer Direktor wird Alfred Lüssi. In 1966 wird die RHIN nach Frankreich verkauft und ein Jahr später wird auch die RHONE verkauft. Auch in 1966 erfolgt der Bau und die Übernahme des Frachters CASSARATE bei der VEB Warnowwerft in Warnemünde (damals noch DDR). Das Schwesterschiff CARIBIA folgt in 1967, beide Schiffe fahren unter Schweizer Flagge. Eigentümer sind die Gesellschaften von Hans Heinrich Thyssen-Bornemisza. 1969 Übernahme des vollautomatischen Kühlschiffes FAVORITA, gebaut in Dünkirchen. Das Schiff stammt aus einer Serie von 8 Schiffen für verschiedene französische Reedereien. Es ist das erste Schiff unter Liberia-Flagge von Suisse-Outremer AG. Es wird für 10 Jahre an die Cie. Generale Transatlantique in Paris verchartert. 1970 Übernahme der CAVALLINO, einem Kühlschiff gebaut in La Rochelle, ebenfalls unter Liberia Flagge. Das Schiff fährt im Pool mit der Reederei Dammers & van der Heide, Rotterdam. Schon 1974 wird die CAVALLINO nach Marokko verkauft und in 1975 geht die CASTAGNOLA zu einem Käufer in Peru. 1976 Bau und Übernahme der CERESIO, gebaut in Niteroi bei Rio de Janeiro und unter Liberia Flagge in Fahrt gesetzt. Sie war ein Stückgutschiff vom Typ SD-14, aus einer Serie, welche die Hamburg-Süd in Brasilien bauen liess. Im Februar 1977 werden die beiden Kühlschiffe CALANCA und CASTANEDA an US-Griechen verkauft. Die ALBAFRIGO, ex CALANCA lag vom 14. März 1980 bis 1985 mit einer gebrochenen Kurbelwelle in der Bucht von Panama. Am 1. April 1978 wird der langjährige Ddirektor Alfred Lüssi pensioniert. Mit ihm verlässt der Vizedirektor Peter Scherz ebenfalls die Firma. Herr Lüssis Nachfolger wird Rolf Greter. Der Vizedirektor wurde abgeschafft, jedoch wurden drei Prokuristen ernannt, Kapt. Jörg Johannsen als Stellvertreter des Direktors und zuständig für Operation, Beschaffung und Versicherungen. Heinz Schulze war zuständig für die Technik und Gottlieb Streuli für die Buchhaltung und Finanzen. Zudem wurde ein Leiter für den Personaldienst Seeleute ernannt. Anfangs September 1978 wird die Reederei umbenannt in Suisse-Outremer Reederei AG und per 25.09.1978 wurden neue, grössere Büros an der Winterthurerstrasse 92 in Zürich bezogen. Jetzt beschäftigte die Firma ungefähr 15 Personen in ihrem Büro. Per 01.01.1979 erfolgt die Übernahme der OBO-Flotte (Ore, Bulk, Oil) der Reederei Johannes Fritzen und Sohn aus Emden. Es werden die Schiffe DORADO 42'979 DWT, BALBINA und MOZART, je 84’000 DWT und RECIFE und YEMANJA, je 150'000 DWT übernommen. Nach dem frühen Tode des Familienreeders Klaus Fritzen rettete H. H. Thyssen-Bornemisza diese Firma, indem er sie übernahm und mit der Halcyon Line zusammenfügte. Die Schiffe der letzteren wurden bald liquidiert. Der Name Fritzen-Halcyon Line, sowie das Verbindungsbüro in New York, das Herr Proeller leitete, blieb nur für die Verlader bestehen. Per 10.07.1979 Verkauf der DORADO nach China. 1979 wurde von der Reederei Fritzen in Emden noch die Bauaufsicht für einen 312'000 Tonnen Turbinentanker SETTEBELLO bei Setenave in Portugal übernommen, wegen jahrelangen Verzögerungen im Bau, wurde der Vertrag mit der Werft schlussendlich aufgelöst und das Schiff nicht abgenommen. Diese Geschichte dauerte bis 1982. 1980 werden die CASSARATE und die CARIBIA nach Hongkong verkauft. Ab Dezember 1980 führte die Reederei Video-Filme ein, die auf den Schiffen über das Fernsehgerät angeschaut werden konnten. Die Filme wurden regelmässig ausgetauscht. Auch in 1980 erfolgte die Übernahme der H. H. Thyssen-Bornemisza gehörenden Jacht HANSE. Ein neuer Erwerbszweig wird damit eröffnet. In der Folge werden noch mehrere Grossjachten betrieben, z. B. BLUE CLOUD III, BLUE SHADOW, MARIA ALEXANDRA, ANJA YLINA. 1980 bis 1981 erfolgte Bau und die Übernahme der drei, bei Bremer Vulkan gebauten OBO's ALEXANDER, AUGUST THYSSEN und KASZONY. Die OBO's gehören zur TB-Gruppe. Alle OBO's fahren unter Liberia-Flagge. Von 1980 bis 1981 erfolgt der Bau und die Übernahme der beiden grossen Kühlschiffe ALBULA und BERNINA von der Werft Stocznia Gdanska in Gdansk, Polen. Beide fahren unter Schweizer Flagge und erhalten eine längerfristige Zeitcharter mit einer Tochterfirma von Noboa (Bananenplantagen) in Ecuador. Von 1983 bis 1984 Bereederung von zwei italienischen Kühlschiffen, PUNTA BIANCA und PUNTA VERDE. Diese gehörten der römischen Tochterfirma von Noboa in Ecuador. Leider mussten sie wegen einem Disput über Garantie mit dem Motorenhersteller FIAT für längere Zeit aufgelegt werden. 1984 Übernahme des VLCC (Very large crude carrier) Dampfturbinen Tankers TIBURON vor dem Persischen Golf für Deutsche Eigner unter Liberia-Flagge. Das Schiff wurde bereits 7 Tage später von einer irakischen Exocet Rakete getroffen und wurde von der Versicherung zum Totalverlust erklärt. Leider gab es unter der Besatzung 8 Tote zu beklagen, der deutsche 2. Ingenieur und 7 Spanier von der Maschinencrew. Die Ladung von 250'000 Tonnen Rohöl konnte unbeschädigt geborgen werden. Von 1984 bis 1985, während ungefähr 10 Monaten Bereederung der zwei Liberia-Tanker HASSAN B und BLUE OCEAN für eine Genfer Bank. Die Eigner konnten ihre Hypothekarschulden nicht mehr bedienen. 1984 Übernahme des Bulkers FAVORITA (das zweite Schiff dieses Namens) von der Werft Astilleros de Bilbao, unter Liberia-Flagge. Das Schiff wurde 1985, nach 10 Monaten Betrieb wieder verkauft. In 1985 Übernahme des Kühltankers ORANGE BLOSSOM von der Werft Trosvik in Norwegen und unter der Flagge Liberias in Fahrt gebracht. Der Eigentümer war Atlanship in Lausanne, eine Tochterfirma des Citruskonzerns Cutrale aus Brasilien. Von 1985 bis 1986 Umbau und Inbetriebnahme des zweiten Kühltankers ORANGE STAR von der Werft Bremer Vulkan. Beide Schiffe wurden eingesetzt zum Transport von Orangensaftkonzentrat zwischen Brasilien und Europa. Ab dem 01.08.1987 wurden beide Schiffe von deren Eigentümergesellschaft Atlanship übernommen und betrieben. 1985 Verkauf der Jacht HANSE. Von Interesse kann noch sein, dass zwischen 1986 und 1988 zwei Nigeria-Schiffe bereedert wurden, die UDOFE II und die UDOFE IV / OKEBHO PALM. Ebenso zwischen 1989 und 1995 zwei Küstentanker namens VICTORY und LIBERTY unter St. Vincent Flagge. Von 1987 bis 1993 war Suisse-Outremer auch als Lloyd's Broker für den Abschluss von Versicherungen für die Schweiz tätig. Diese Aufgabe die nicht viel einbrachte, wurde mit der Pensionierung von J. Johannsen aufgegeben. 1987 Verkauf der drei OBO's ALEXANDER, AUGUST THYSSEN und KASZONY nach Belgien. Die Reederei Suisse-Outremer AG, wie auch die Schiffe CASTAGNOLA, CALANCA, CASTANEDA, FAVORITA (das Kühlschiff), ALBULA und BERNINA waren Privateigentum von H. H. Thyssen-Bornemisza, wogegen die OBO-Flotte ganz der Thyssen-Bornemisza-Gruppe, also dem Konzern gehörte. 1988 nachdem sich Baron Thyssen endgültig ins Privatleben zurückzog, wurden die beiden Kühlschiffe ALBULA und BERNINA verkauft und zwar an einen griechischen Reeder. 1989 als Folge des Rückzugs des Barons wurden die Aktien der Suisse-Outremer AG verkauft, der Handwechsel erfolgte per 01.11.1989 an einen neuen Schweizer Investor Kapitän Paul Preisig. Der bisherige Direktor Rolf Greter schied aus der Firma aus, neuer Direktor wurde Paul Preisig. Er bringt eine Flotte von 3 Rhein-Seeschiffen mit, SEA RHINE, SIX MADUN und LAI DA TOMA. 1990 Inbetriebnahme des Stückgutschiffes MARTIN P., welches unter Schweizer Flagge im Trampverkehr eingesetzt wurde. Per Ende April 1999 stellte die Reederei ihre Tätigkeit ein. Die verbliebenen zwei Schiffe SEA RHINE und MARTIN P. wurden zum Betrieb der befreundeten Reederei ABC Maritime AG, Nyon übergeben. Das ganze Umfeld um Geschäfte zu entwickeln und durchzuführen wurde zunehmend schwieriger, zudem hatte Kapitän Preisig in seinem Berufsleben kaum Urlaub gemacht, somit fiel der Entscheid die Firma frühzeitig aufzulösen auch leichter. Für die verbliebenen Mitarbeiter gab es einen Plan um ihnen den Abgang zu erleichtern. Die MARTIN P. wurde in einem Orkan im Dezember 1999 in Istanbul auf Grund gedrückt, worauf es zum Totalverlust erklärt werden musste. |