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Roger de Perrot, ein Neuenburger, wurde 1893 geboren und studierte Schiffbau (Naval architecture mit B. Sc) an der Universität von Durham, im Nordosten von England. Nach seinem Studium wanderte er 1917 zuerst in die Vereinigten Staaten aus mit dem Ziel sich eine Existenz als Konsultant aufzubauen. Für 4 ½ Jahre arbeitete er auf zwei Werften, in der Bethlehem Shipbuilding Corp. und in der New York Shipbuilding Co., dann kehrte er nach Europa zurück.

Ab 1922 arbeitete er in Frankreich für ungefähr 6 Jahre bei den bekannten Chantiers de la Loire, die Bauwerften in Nantes und St. Nazaire besassen, dann als selbstständiger Schiffsexperte. In 1940 kehrte er in seine Heimatstadt Neuenburg zurück, machte sich sesshaft und eröffnete ein eigenes Büro als Schifffahrtskonsultant. Roger de Perrot hatte 6 Kinder, eines von ihnen, Francois de Perrot schlug die gleiche Laufbahn ein und wurde auch Schiffbauingenieur.

Nach dem zweiten Weltkrieg, vermutlich dank seinen guten Beziehungen in Frankreich, konnte er das Wrack der LANGANGER erwerben, ein norwegischer Tanker der während des Krieges im Hafen von Port-de-Bouc gesunken war. Mit Armand Bourquin gründete er die einfache Firma Roger de Perrot & A. Bourquin, ihr Büro befand sich an der Rue St. Nicolas 1, in Neuchâtel. Roger de Perrot steckte alle seine Ersparnisse und seine Arbeitszeit in dieses Unternehmen.

Sein Partner, der Industrielle Armand Bourquin (1880 bis 1967) aus Couvet, einer kleinen Stadt ausserhalb von Neuchâtel war der Besitzer der Bourquin S.A., ein Betrieb der sich mit der Herstellung von Verpackungsmaterial beschäftigte. Der begüterte Armand Bourquin finanzierte das Unternehmen, nahm aber nicht am täglichen Betrieb teil. Die Bourquin S.A. besteht heute noch und besitzt verschiedene Firmen in der Verpackungsindustrie. Die Schweizerische Schiffshypothekenbank in Basel, Teil der Schweizerische Kreditanstalt (heute Credit Suisse) vergab ein Darlehen von 1,5 Mio. Schweizer Franken.

Wir wissen nicht, von wem er das Schiffswrack gekauft hat, aber man muss annehmen, dass der französische Staat als Verkäufer agierte. Die ehemaligen norwegischen Eigner vermutlich forderten Schadenersatz von der deutschen und / oder französischen Regierung.

Am 23.12.1946 übernahm Roger de Perrot & A. Bourquin das Wrack und die Bergungsarbeiten wurden im Januar 1947 in Angriff genommen. Nachdem das Schiff gehoben war, wurde es nach Marseille in eine Reparaturwerft geschleppt, aber es war nicht vor Februar 1950, dass der Tanker, jetzt NEUCHATEL getauft, endlich wieder in Fahrt kam.

Im Mai 1948 erzielte Lloyd's Register einige Aufregung in unserer Regierung in Bern, als sie in ihrem Nachschlagewerk fälschlicherweise berichteten, die LANGANGER wäre für Roger de Perrot & A. Bourquin unter Schweizer Flagge in Fahrt. In einem Brief zum Schweizer Seeschiffahrtsamt drückte Herr de Perrot sein Erstaunen aus und bestätigte, dass der legale Status der LANGANGER immer noch als Wrack aufgeführt wäre und er keine Anträge für irgendwelche Flagge eingereicht hätte.

Schon bei der Registrierung des Tankers mit den Schweizer Behörden entstand ein juristisches Problem, als die beiden Partner das Schiff im Namen einer einfachen Firma (Roger de Perrot & A. Bourquin), registrieren wollten, anstelle einer Aktiengesellschaft. Der Grund für diese ein bisschen ungewöhnliche Entscheidung lag darin, dass Herr de Perrot befürchtete in einer Aktiengesellschaft zur Seite geschoben zu werden. Schlussendlich wurden die beiden Partner als Teileigner des Schiffes registriert und Herr de Perrot zusätzlich als Manager, in Juristendeutsch "Ausrüster" genannt.

Roger de Perrot wünschte sich einen Schweizer Charterer für seinen Tanker, aber weder das KTA noch die Handelsabteilung im EVD in Bern nahmen seine Offerte an, noch zeigten sich in Frage kommende private Schweizer Firmen interessiert. Somit blieb nur einen Auftraggeber im Ausland zu finden und schlussendlich konnte eine Zeitcharter über 5 Jahre mit der französischen Socony-Vacuum Francaise in Paris (der späteren Mobil Oil Corporation) abgeschlossen werden um Rohöl nach Frankreich zu fahren.

Auch wenn der Charter mit Socony-Vaccum ein ständiges Einkommen brachte und beträchtliche Schulden abgetragen werden konnten, so scheint es, war dem Unternehmen nie ein grosser finanzieller Erfolg beschieden. Man muss annehmen, dass die beiden Partner schon gegen Ende 1951 verschiedene Ansichten vertraten und Armand Bourquin Mittel und Wege suchte, um aus seinen Verpflichtungen zurück zu treten. In einem Brief vom 16.03.1953 erklärte er seine Teilhaberschaft als beendet und übergab alle Besitzerrechte an Roger de Perrot.

Wieder musste der Bundesrat entscheiden, Roger de Perrot das Recht zur Führung der Schweizer Flagge als alleiniger Besitzer und "Ausrüster" (Manager, Betreiber) zu vergeben. In einem Brief vom 15.04.1953 schrieb das EPD, das Eidgenössische Politische Departement, dass sie keinerlei Bedenken über de Perrots Fähigkeiten den Tanker zu betreiben hätten, jedoch die finanzielle Lage der Firma nach Armand Bourquins Rücktritt Anlass zur Sorge gebe. Das Eigenkapital von Roger de Perrot war sehr beschränkt (sein steuerbares Vermögen betrug nur 270'000.- Franken) und befand sich weit unter dem gesetzlich vorgeschrieben Minimum. Die Hypothek der Bank wurde auf 3,0 Mio. Franken aufgestockt. Zusätzlich lasteten Hypotheken von 3,4 Mio. Franken zu Gunsten von Armand Bourquin auf dem Schiff. Der geschätzte Buchwert der NEUCHATEL betrug 5,9 Mio. Franken und sie war für 7,5 Mio. Franken versichert. Aus politischen Erwägungen beschloss der Bundesrat den Tanker unter Schweizer Flagge zu behalten. Den Ausschlag gab die Tatsache, dass die NEUCHATEL als einziger Tanker in Kriegszeiten flüssige Brennstoffe für die Schweiz fahren konnte, der einzige andere Tanker, die SAN MORITZ war alt und in schlechtem Zustand.

Im Sommer 1953 übernahm Roger de Perrot die NEUCHATEL als alleiniger Besitzer. Trotz des guten Chartervertrages konnte er wohl das Schiff finanziell nicht halten und schlussendlich verkaufte er den Tanker an eine deutsche Reederei. Die Streichung der NEUCHATEL aus dem Schiffsregister erfolgte am 01.10.1954, somit nahm der Traum dieses Mannes ein trauriges Ende. Bestimmt war die NEUCHATEL für Roger de Perrot nicht nur ein finanzielles Unternehmen, sondern war ein wichtiger Teil seines Lebens.

Nachdem die NEUCHATEL verkauft war, beschäftigte sich Roger de Perrot mit der Leitung von verschiedenen Überwachungsaufträgen für Schiffsneubauten. In 1959 bot er seine guten Dienste als Schiffskonsultant über schweizerische diplomatische Kanäle der irakischen Regierung an, es entzieht sich jedoch unserer Kenntnis, ob seine Offerte erfolgreich war.

SwissShips, HPS, April 2015