Schiffsgeschichte
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Durch die Einwirkungen des 2. Weltkrieges liegt die Entstehungsgeschichte dieses Schiffchens ziemlich im Dunkeln, aber aus den uns zur Verfügung stehenden Quellen nehmen wir an, hat es sich ungefähr wie folgt zugetragen. Das Kümo wurde in 1940 durch A/S Nordag, bei der Werft Trosvik Verksted, Brevik, als Baunummer 056 in Auftrag gegeben. Nach dem Bau des Rumpfes, schleppte man ihn zur Fertigstellung zu Glommens Mek-Verksted A/S, Frederikstad (hier als Baunummer 110). Anscheinend verzögerte sich die Fertigstellung jedoch bis zum Kriegsende. Der teilweise beschädigte Bau wurde dann der norwegischen Regierung übergeben und danach zur Falkenbergs Varv AB, Falkenberg, Halland in Schweden gebracht und endlich fertiggestellt. Als BARDAL am 18.12.1946 an Erling Sannes, Bodø, Norwegen abgeliefert und in Bodø unter norwegischer Flagge registriert (Lloyd's Register Nr.: 5392484). (Andere Quellen geben an, dass die Probefahrt am 15.05.1947 stattfand)

Das Kümo wurde 1951 von der Trafina AG, Basel angekauft. Die Übernahme und die Eintragung unter Schweizer Flagge als LUCERNE erfolgte am 29.06.1951 in Hull, England (Rufzeichen: HBFA). Die LUCERNE wurde in der grossen Küstenfahrt in der Nord- und Ostsee, um die britischen Inseln bis runter nach Frankreich und Nordspanien eingesetzt. Einmal unternahm sie sogar eine Reise bis nach Sevilla. Im letzten Jahr unter Schweizer Flagge fuhr die LUCERNE grösstenteils zwischen Penmaenmawr und Trevor, zwei kleine Orte an der nordwalisischen Küste und Liverpool, Manchester hin und her. Penmaenmawr und wohl auch Trevor hatten riesige Steinbrüche und Steine wurden zu den grossen, nahen Städten gebracht.

Die Besatzung bestand aus 12 Mann, hauptsächlich Niederländer, aber ab und zu ist auch ein Deutscher, Engländer oder Belgier, sogar ein Schweizer Koch, Albert Lutz erwähnt. Offensichtlich waren diese Leute dem Bier und dem Schnaps nicht abgeneigt. Vier holländische Seeleute desertierten 1953 im Vollrausch in Terneuzen. Im Jahr 1956 fuhr ein niederländischer 1. Offizier (Name bekannt) auf der LUCERNE, gemäss Kapitän immer der erste, der im Hafen besoffen war und in keiner Weise eine Stütze für den Kapitän darstellte. Charles Strübin vermutlich besuchte sein Schiff ab und zu, einmal ist er auch an Bord von Kopenhagen nach Kiel mitgefahren.

Der langjährige Kapitän an Bord, hiess C.A. Blockland, ein Niederländer. Im November 1952 erwischte man ihn im Hafen von Poole mit überladenem Schiff. Das Gericht sprach eine Busse von 110.- Pfund, die vom Agenten sofort bezahlt wurde, ansonsten wäre der Kapitän im "Kalabush" gelandet und die Weiterfahrt der LUCERNE verzögert worden. Am Silvestertag 1951 rettete die LUCERNE neun Schiffbrüchige vom Tanker ØSTHAV (siehe Bericht unten). Am 10.11.1953 beim Einlaufen in den Hafen von Arendal (Südnorwegen) auf felsigem Grund aufgelaufen. Sie wurde wieder freigeschleppt, erlitt aber grössere Schäden an Rumpf und Maschine. Die Reparaturen dauerten bis Mitte Januar 1954. Ansonsten trafen keine grösseren Unfälle den kleinen Frachter, allerdings hatte er mehrere kleine Kollisionen auf den Revieren, z.B. auf dem Manchester Ship Canal, ohne dass grössere Schäden entstanden sind. Im August 1955, als die LUCERNE in Mantyluoto, Finnland lag, wurde Kapitän Blockland ins Spital im nahe gelegenen Pori eingeliefert, wo er am 25.08.1955 verstarb.

Im Mai 1956 verkauft nach Westdeutschland an die Partenreederei m.s. "Wolfram" in Lübeck. Korrespondent-Reeder ist Gerhard Kissau aus Lübeck (Andere Quellen geben als Eigner die Reederei G & I Kissau Lübeck an). Am 20.09.1956 aus dem Schweizer Register gelöscht und unter deutscher Flagge als WOLFRAM in Lübeck eingetragen (Rufzeichen: DJWU). Ab 1957 ist die Robert Bornhofen K. G., Hamburg, Manager.

Auf einer Reise von Teignmouth nach Sölvesborg, Schweden am 18.01.1960 vor dem Zielhafen gestrandet und als Totalverlust deklariert. Am 25.03.1960 durch Neptun Salvage Co. geborgen und nach Sölvesborg geschleppt. Das Wrack wurde von der Schiffswerft Donsö Varv & MV A/B  angekauft, repariert und unter dem gleichen Namen, aber unter schwedischer Flagge wieder in Fahrt gebracht. Manager Karl Jacobson (Rufzeichen: SIEG). Im Februar 1964 an A/B Bardal, nach anderen Quellen zufolge, an P/R Niels, (Sune I Bengtsson Manager), Varberg Schweden verkauft. Jetzt heisst das Schiff wieder BARDAL, fährt aber unter schwedischer Flagge mit Heimathafen Varberg. Die Aufbauten sind jetzt gemäss Foto komplett erneuert worden.

Im Mai 1965 erwarb die Firma A/B Underås, Enhörna, südwestlich von Stockholm den Frachter und nannte ihn jetzt UNDERÅS SANDTAG V. Diese Reederei hatte mehrere Schiffe im Transport von Baumaterialien, wie Sand, Kies und Steinen eingesetzt. Der Mittelmast und die Winden wurden entfernt und die beiden Laderäume zu einem grossen Laderaum zusammengefasst. In 1967 erneuerte man die Hauptmaschine, ein 8-zylinder Motor von 680 PS von Alpha Diesel A/S, Frederikshavn, wurde eingebaut und 1972 verlängerte man das Schiff um runde 12 Meter bei einer uns nicht bekannten, aber vermutlich schwedischen Werft (neue Vermessung: 499 BRT, 293 NRT, 1016 DWT, 10 Knoten, neuer Heimathafen: Södertälje).

Die Schweden verkauften 1978 das Schiff an Bror Hussell, nach Mariehamn, auf den schwedisch sprechenden, aber zu Finnland gehörenden Alandinseln. In SANGARD umbenannt und in Mariehamn unter finnischer Flagge registriert (Rufzeichen: OIIP). Offensichtlich erfolgten auch in Finnland mehrere Besitzerwechsel:

Es scheint, dass von 1979 bis 1997 immer die im Baustoffhandel tätige Firmengruppe Ariston Sora Oy die Besitzerin des Schiffes war (diese Firma fabrizierte wohl auch Hartbeton). Die SANDSTORM wurde 1995 in einer kleinen Bucht bei  Porvoo (schwedisch: Borgå), östlich von Helsinki aufgelegt. Die Hauptmaschine wurde schon vorher ausgebaut. In 1997 weiterverkauft an Dennis Maritime O/Y Ltd. Porvoo und sollte auf ANNIKA umbenannt und in Helsinki registriert werden. Anscheinend wurde dieser Plan nie umgesetzt. In 2011 schleppte man den Kahn nach Savonlinna in der Finnischen Seenplatte und ein Jahr später erfolgte der Abbruch im Trockendock der Teknola Oy.

SwissShips HPS, MB, Oktober 2019

Quellen:

 

Zusätzliche Informationen und Geschichten

Rettung der Schiffbrüchigen des Tankers ØSTHAV (Rufzeichen LKCD), Silvester 1951

Der norwegische Tanker ØSTHAV wurde 1931 bei der Deutschen Werft in Hamburg gebaut und kam heil durch die Wirren des 2. Weltkrieges. Das Schiff war 142 m lang, konnte 12'450 Tonnen tragen und wurde von einem MAN-Dieselmotor von 3'100 PS angetrieben.

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Norwegischer Tanker ØSTHAV

Die ØSTHAV befand sich am 29.12.1951 mit einer Ladung Dieselöl auf der Fahrt von Pauillac (bei Bordeaux) nach Lissabon vor der nordspanischen Küste. Es herrschte zu dieser Zeit schwerer Sturm in der Biskaya und auf der Höhe von Santander, auf Position 43° 55' N / 004° 28' W brach der Tanker auseinander.

Die LUCERNE lag im Hafen von Santander und sollte in Ballast nach Bordeaux fahren. Der Kapitän wartete im Hafen besseres Wetter ab und beschloss am 31.12.1951 auszulaufen, nachdem sich die See merklich beruhigt hatte. Um 11:00 verliess das Schiffchen den Hafen und nachmittags um 14:30 sichtete die Brückenwache das treibende Wrack der ØSTHAV auf steuerbord. Das steuerbord Rettungsboot wurde zu Wasser gebracht und nach einer schwierigen und gefährlichen Überfahrt erreichten sie das Wrack, von dem nur das Vorschiff über der Wasserlinie lag. Trotz der hohen Dünung und Wellen, die unablässig über das Deck des Tankers rollten, gelang es vorerst fünf Personen, darunter die Frau des Kapitäns vom Tanker abzubergen und zurück zur LUCERNE zu bringen. Auf einer zweiten Fahrt brachte das Rettungsboot die restlichen vier Mann, darunter auch den Kapitän der ØSTHAV in Sicherheit. Nachdem alle diese gänzlich erschöpften und durchfrorenen Leute gerettet waren, versuchte die Seeleute noch eine Leine am Wrack festzumachen, was jedoch nicht gelang. Um 16:30 setzte der Frachter seine Reise fort und die Crew, zusammen mit den neun Geretteten verbrachten wohl eine ungemütliche Nacht, zusammengepfercht in den engen Unterkünften. Anderntags, es war jetzt Neujahr 1952, erreichten sie am Nachmittag Pauillac in der Girondemündung. Die Geretteten wurden an Land in ärztliche Pflege gegeben. Nachher ging die LUCERNE nach Bordeaux und machte abends an der Ladepier fest. Verschiedene Reporter kamen an Bord, um über die Geschehnisse zu berichten.

Drei spanische Fischtrawler versuchten das Achterschiff einzuschleppen, jedoch brach die Schleppleine und dieser Teil trieb auf die felsige Küste bei Galiziano, ungefähr 20 Meilen östlich von Santander. Das Vorschiff trieb bis nach Zumaia im Osten, wo es am 02.01.1952 ebenfalls strandete. Beide Wrackteile wurden später in Spanien verschrottet.

Über dieses Unglück ist sehr wenig bekannt oder geschrieben worden. Keine Angaben über Todesopfer sind überliefert und es muss angenommen werden, dass die ganze Besatzung mit dem Leben und ohne grössere Verletzungen davon gekommen ist. Ein grosser Teil der Ölladung ist ins Meer gelaufen, aber die Ölverschmutzung wurde auch kaum erwähnt, es herrschten damals eben noch andere Zeiten. Auch die Rettungsaktion der LUCERNE ist nirgends erwähnt, aber unsere Geschichte stützt sich auf den Rapport und die Logbucheinträge des Kapitäns.

SwissShips HPS, September 2019

Quellen:

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