Der Bau dieses kleinen Frachters wurde von der U.T.C. Union Trading Company Hamburg GmbH zu Gunsten der Basler Handelsgesellschaft A.G. Basel bei der Rickmers Rhederei GmbH, Rickmers Werft, Bremerhaven *) in Auftrag gegeben. Das Schiff mit der Baunummer 257 lief am 05.05.1951 von Stapel und wurde am 26.06.1951 unter dem Namen PALME II in Dienst gestellt. Sie segelte unter der Flagge der Bundesrepublik Deutschland und Hamburg war ihr Heimathafen (Rufzeichen: DHNV). Das Management wurde durch die Union Trading Company, Reinhold Bange, Hamburg ausgeführt. Vermessen wurde der Frachter mit BRT: 610, NRT: 236, DWT: 936, die Länge betrug 62.47m und die Baukosten wurden mit DM 1'245'000 angegeben.
Zuerst eingesetzt in der Grossen Küstenfahrt von der Nordsee nach Spanien. Von 11.03.1952 bis Februar 1953 segelte die PALME II in Westindien für die Union Trading Caribe Company Havanna, einer Tochtergesellschaft der Basler Mission. Unter anderem fuhr sie in der Holzfahrt zwischen Mittelamerika und Venezuela. Das Schiff machte auch einige Reisen von Kuba nach den USA. Vor dem Verkauf an Keller fuhr die PALME II in Zeitcharter für die OPDR, Oldenburg-Portugiesische Dampfschiffs-Rhederei GmbH Hamburg (bei den Seeleuten auch „Ohne Proviant Durch Russland“ genannt). Diese alteingesessene Reederei bediente Linien nach Spanien, Portugal und Marokko.
Im Jahre 1953 verlängerte man den Schiffsrumpf um 4,21m bei einer uns unbekannten Schiffswerft. Nach dem Umbau hatte das Schiff jetzt eine Länge von 66,68 m und die neue Vermessung vergrösserte sich auf BRT: 997, NRT: 614, DWT: 1’234. Jetzt in der Mittelmeer Fahrt eingesetzt.
In 1954 angekauft durch die Keller Shipping AG, Basel und am 30.12.1954 nach der Dockinspektion in Hamburg übernommen. Als ARBEDO unter Schweizer Flagge in Basel registriert (Eignerfirma: Mittelmeer Reederei AG, Rufzeichen: HBDE, Register Nr.: 53). Arbedo ist ein Dorf bei Bellinzona, im Jahr 1422 Schauplatz einer Schlacht zwischen den Eidgenossen und den Mailändern. Leider verloren die Eidgenossen damals die Schlacht.
In 1959 wurde die originale 6-zylinder, aufgeladene Hauptmaschine von MAN **), Type: M6V 40/46 (ein U-Boot Motor) ausgebaut und durch eine neue, etwas stärkere 6-zylinder Hauptmaschine von Gebrüder Sulzer AG, Winterthur ersetzt, Type: 6TAD36 mit einem Abgas-Turbolader und einer Leistung von 1’560 PS. Nach zwei Monaten in der Werft in Genua ging das Schiff am 12.12.1959 wieder in Dienst.
Die ARBEDO wurde auf der Keller-Linie von Genua und den umliegenden Häfen, dem westlichen Mittelmeer (Frankreich, Spanien und Algerien), Marokko, Portugal und Vigo an der spanischen Westküste eingesetzt. Eine Ausnahme bildete eine Reise nach dem Roten Meer von Oktober bis Ende Dezember 1957 für den neu von Keller gegründeten „Red Sea Service“. Dabei besuchte sie die Häfen von Port Said, Jeddah, Aden, Djibouti, Assab, Massawah, Port Sudan, Suez, Beirut und Malta. Die Besatzung von ungefähr 12 Mann bestand normalerweise aus Italienern.
Ab 1962 heisst der Eigner der ARBEDO, Keller Shipping Ltd., Basel.
Nach knapp 18 Dienstjahren bei Keller Shipping verkaufte die Reederei den Frachter 1972 nach Griechenland. Die griechische Firma J. Mourtos Brothers (Shipping) Co. Ltd. Piraeus übernahm das Schiff am 09.08.1072 und registrierte es in Zypern unter deren Flagge. Die Eignerfirma Fridiotis Maritime Co. Ltd. gab dem Schiff den Namen FRIDIOTIS II und der Heimathafen war Famagusta.(Offizielle Nr.: 367097, Rufzeichen: 5B2129). Nach der türkischen Invasion verlegte man den Heimathafen nach Limassol.
In 1981 weiter verkauft an Vigliance Marine Co. Ltd. (Management: Elias Maritime Agency, Thessaloniki), Limassol. Name und Flagge wurden beibehalten, somit kann angenommen werden, dass die gleichen Leute im Hintergrund die Fäden zogen. Jetzt wurde das Schiff in Griechenland zum Viehtransporter umgebaut.
Am 28.05.1987 verkauft an ungenannte Eigner und in Colombo, Sri Lanka registriert. Neuer Name JALIL (Rufzeichen: 4QVG).
In 1988 registriert im St. Vincent & The Grenadines Register mit Heimathafen Kingstown (Offizielle Nr.: 2319, Rufzeichen: J8RG).
Am 21.06.1988 an Bednaiel Co. Ltd. verkauft, in JAFAR umbenannt und in Kingstown unter der Flagge von St. Vincent & The Grenadines eingetragen (Offizielle Nr.: 2319, Rufzeichen: J8RG). Das Management oblag der Firma A. Sleiman Co. & Sons, Beirut, eine Reederei die Livestock-Carriers (lebend Vieh Transporter) betreibt.
Am 14.01.1989 umbenannt in ZAHER I, jedoch ohne Flaggenwechsel.
In 1997 mit gleichem Namen in San Lorenzo, Honduras unter Honduras Flagge für Compañia Naviera Tiburon S.A. (Beirut) registriert, (Offizielle Nr.: L-0526178, Rufzeichen HQRE8).
In 2002 angekauft durch Abbas Suleiman, Beirut. Nicht umbenannt, aber unter der Flagge des Libanons registriert (Rufzeichen: ODTZ).
Am 05.08.2004 bei einer unbekannten Abbruchfirma im Libanon zum Verschrotten angeliefert.
Anmerkungen:
*) Die Rickmers Rhederei GmbH., Rickmers Werft, Bremerhaven, welche das Schiff gebaut hatte, stellte im Juni 1986 ihren Betrieb ein.
**) Diese Maschine ist im MAN-Museum in Augsburg ausgestellt. Der erste Motor wurde 1930 geliefert und ungefähr 800 Einheiten wurden insgesamt gebaut. In 1935 wurden die ersten Maschinen in deutschen U-Booten eingebaut und nach dem Krieg noch etwa 100 Einheiten für Handelsschiffe und stationären Gebrauch geliefert.
Quellen:
SwissShips HPS, MB, im August 2021
Zusätzliche Informationen und Geschichten
Der Schiffskauf und Verkauf
Anhand des Kaufes der PALME II erklären wir kurz eine solche Transaktion. Ein Schiffskauf geschieht nicht an einem Tag, sondern ist ein Prozess der sich meistens über mehrere Monate hinzieht. In unserem Fall hat die Firma Reinhold Bange, Hamburg (die Schiffsbetreiber) die Maklerarbeit geleistet, offensichtlich kannten sich die Verkäufer und die Käufer sehr gut. Üblicherweise sind jedoch zwei Broker beteiligt, einer für den Verkäufer und einer für den Käufer, speziell im Falle, dass sich Verkäufer und Käufer nicht kennen. Nachdem der Verkäufer das Schiff über den Broker, eventuell auch über mehrere Makler auf dem Markt angeboten hat, melden hoffentlich mehrere mögliche Käufer ihr Interesse an. Nachdem Keller Shipping zum Entschluss gekommen ist, ein geeignetes Schiff gefunden zu haben, besichtigte ihr Inspektor Hermann Reinhard die PALME II im Oktober in Hamburg und erstellte einen Rapport zu Händen seines Chefs, Charles Keller. Nach unserem Wissen zeigte auch eine Firma in Marokko ihr Interesse, aber ihr Vorhaben scheiterte an der Importlizenz. Wahrscheinlich als Rückversicherung schickte Charles Keller auch noch seinen Bruder Paul, der die Niederlassung in Lissabon leitete, mit 3 Mann in Oporto an Bord um das Schiff zu begutachten.
Nach dem offensichtlich positiven Bericht des Inspektors, nahm man die Kaufverhandlungen auf und am 08.12.1954 unterzeichneten die beiden Parteien das MoA, Memorandum of Agreement, wie der Kaufvertrag in der Seefahrt heisst. Heutzutage ist es üblich, dass jetzt als Sicherheit 10 % des Kaufpreises auf ein Escrow-Account (Treuhandkonto) einbezahlt werden müssen. Nun musste die Finanzierung geregelt und sichergestellt werden, die Registrierung und die Versicherung des Schiffes musste organisiert werden. In Übereinstimmung mit den Verkäufern und den Charterern muss der Übergabehafen und das Übergabedatum festgelegt werden. Auch praktische Dinge, wie Besatzung, Ausrüstung und mögliche Reparaturen sind zu organisieren und der Verkäufer sorgt für ein Trockendock um eine Unterwasser-Inspektion durchzuführen. Inspektor Reinhard und der neue Chief Engineer Ghiselli von Keller Shipping sind schon in Rotterdam kurz vor Weihnachten an Bord gestiegen um den Betrieb zu überwachen und kennen zu lernen, sie verbrachten also Weihnachten auf See. Durch ihre Anwesenheit brauchte daher in Hamburg keine Probefahrt mehr gemacht werden.
In unserem Fall hat der Verkäufer bei Blohm & Voss, Hamburg ein Trockendock für die Ankunft der PALME II am Montagmorgen 27.12.1954 gebucht und eine Inspektion des Unterwasserschiffes durch beide Parteien wurde durchgeführt. Am Donnerstag 30.12.1954 fand das „Closing“ statt und nachdem die Verkäufer ihr Geld erhalten hatten, konnte das Schiff aus dem deutschen Register gestrichen und die „bill of sale“ (Eigentumsübertragungsurkunde) ausgehändigt werden, somit stand jetzt der Übergabe des Schiffes nichts mehr im Wege.
Wenn das alles festgelegt ist, muss der Klassifikations-Surveyor alle Zertifikate neu ausstellen oder anpassen. Der Brennstoff und das Schmieröl an Bord, die sogenannten ROB (remaining on board) werden in einem gemeinsamen Survey festgestellt und dann separat dem Käufer verrechnet. Die Werft- und andere Reparaturrechnungen sind zu genehmigen und zu bezahlen. Herr Reinhard war offensichtlich ein sehr gewissenhafter, aber auch pingeliger Mensch und es entbrannte ein Streit mit UTC Hamburg über Ersatzteile und Reparaturen, sogar um einen alten Plattenspieler lagen sie sich in den Haaren. Charles Keller musste intervenieren und hat den Streit auf freundschaftlicher Basis mit den Verkäufern geregelt.
Schlussendlich hat der Makler für seine guten Dienste Anrecht auf eine Kommission, die üblicherweise vom Verkäufer bezahlt werden muss. In unserem Fall bezahlte die Union Trading Company Hamburg eine Provision von 4,0 % an die Union Handels-Gesellschaft AG, Basel, die offensichtlich den Kontakt zwischen Verkäufer und Käufer hergestellt hatte.
Natürlich sind die Vertragsparteien frei ihre Transaktion nach ihren eigenen Bedürfnissen zu gestalten, so können auch erhebliche Abweichungen von unserer obigen Beschreibung entstehen.
SwissShips HPS, im August 2021