Der untenstehende Bericht ist mit Hilfe von Mathias Münger und Hans Bühler beide ex-Funker, sowie Kapitän Stefan Sip für die Beschreibung der heutigen Kommunikation, entstanden. Wir danken diesen Herren für ihre Unterstützung.
Als man während des 2. Weltkrieges notfallmässig die Schweizer Flagge zur See einführte und somit eine eigene Seefahrt aufbaute, musste man sich auch überlegen, wie man den Kontakt zu unseren Schiffen aufrechterhalten soll. Die anfänglich in der Luftfahrt tätige Radio Schweiz AG wurde 1941 vom Bund betraut, diese Verbindungen zu betreiben.
Zuerst benützte man die schon bestehenden Funkanlagen auf dem Flugplatz Dübendorf (bei Zürich), hier wurde der Funkkontakt über die Küstenfunkstelle Zürich HEZ mit den Schweizer Schiffen getätigt. Der ganze Funkverkehr wickelte man damals noch ausschliesslich mit dem Morse-System ab, Sprechfunk war noch weitgehend unbekannt. Die Funker die vorher mit den Flugzeugen die Verbindungen aufrecht hielten, wurden nun für den Schiffsfunk eingesetzt. Andere Funker gingen auf unsere Schiffe, um die Verbindungen mit der Heimat aufrecht zu halten. Die Schiffsbesatzungen und die Kapitäne waren, von einigen Ausnahmen abgesehen, alles Ausländer, umso wichtiger, dass die Kommunikation von Schweizern wahrgenommen wurde.
Einige Jahre später verlegte man diese Radiostation zum neuen Flugplatz Zürich-Kloten. Die Küstenfunkstellen-Funker von HEZ sassen/morsten im/aus dem Flughafen Gebäude. Die Kurzwellensender von HEZ waren in Waltikon/ZH, sie wurden fernbedient getastet von Kloten aus.
In 1963 wurde der Morseverkehr mit den Flugzeugen eingestellt und der Schiffsfunk nach Bern verlagert. Die Küstenfunkstelle Bern Radio HEB der Radio Schweiz AG befand sich im PTT-Telegraphenbüro, gegenüber dem Berner Hauptbahnhof. Die fernbedienten Sender befanden sich zuerst in Münchenbuchsee, später in Prangins bei Nyon. Die fernbedienten Empfänger waren in Riedern bei Bern.
In 1974 führte Bern Radio das halbautomatische Telexsystem SITOR ein. Anfangs 1987 wurde das System automatisiert und 1992 kam dann die Mailbox dazu, die auch den Landteilnehmern ermöglichte, Telexe direkt über den Computer zu senden.
Jedoch verlor SITOR in den Neunzigerjahren zusehends an Bedeutung, die Kommunikation über Satellit war einfacher und wurde immer billiger. Im Jahr 1998 gab die Swisscom, die ja aus der Privatisierung der PTT hervorgegangen war, als Eigentümerin Bernradio auf. Ein paar beherzte Funkamateure retteten die Station vor dem Abbruch.
Die Sende- und Empfangsanlagen der Küstenfunkstellen standen nicht nur in der Schweiz vor dem Aus, sondern weltweit. Das machten sich ein paar findige Amerikaner zunutze. Sie verknüpften moderne Computer-Technologie mit der Infrastruktur der bestehenden Küstenfunkstellen in aller Welt. In den frühen 2000er Jahren lief eine solche automatische Anlage von Globe Wireless auch auf der Station Riedern bei Bern. Die sogenannte Digitale Kurzwelle (auf Englisch: Digital HF) war gerade für die kurzen Routinenachrichten, die täglich zwischen Schiff und Land hin und her gingen, günstiger.
Der Bund erkannte bald, dass in Krisenzeiten eine unabhängige Kommunikation mit den Schweizer Schiffen über Satelliten und ohne SITOR nicht mehr gegeben war. Satelliten konnten ja einfach so abgestellt werden. Deshalb fasste man zunächst eine Kooperation mit Globe Wireless ins Auge. Schliesslich aber beauftragte der Bund im Jahr 2003 seinen eigenen Rüstungskonzern, die RUAG, eine Kommunikationsmöglichkeit für E-Mailverkehr über Digitale Kurzwelle zu entwickeln.
Anfang 2005 wurden die ersten Anlagen, die schlicht U-Boxen hiessen, auf Neubauschiffen von Enzian Ship Management und der Reederei Zürich eingebaut. Im Grunde war eine U-Box nichts anderes als ein Modem, das zwischen einen ganz normalen PC mit E-Mail-Software und einem Kurzwellenfunkgerät zwischengeschaltet wurde. Das System blieb unzuverlässig und war nicht konkurrenzfähig. Enzian Ship Management stellte den Betrieb der U-Boxen an Bord seiner Schiffe im Herbst 2007 ein.
Im Jahr 2008 machte der Bund einen neuen Anlauf und betraute die Swisscom Broadcast AG (SBC) mit dem Betrieb von Bernradio, die die Sendeanlage in Prangins und die Empfangsanlage in Riedern betreute. Unter dem Label von "Swisscom Maritime Communication" sollte eine sinnvolle und vor allem konkurrenzfähige E-Mail-Kommunikationslösung angeboten werden. Das entsprechende System wurde vom Geschäftspartner Kiel-Radio GmbH übernommen.
Ab Januar 2009 wurden Schweizer Schiffe mit einem Ship Com Server ausgerüstet, der wiederum als ELSE in die Geschichte von Bernradio eingegangen ist. Einmal mehr war ELSE nichts weiter als ein Modem, das immer noch an einen ganz normalen PC mit E-Mail-Software und diversen Kommunikationsmöglichkeiten angeschlossen wurde. ELSE konnte je nach Datenvolumen, geographischer Position des Schiffes und bestem Tarif zwischen Digitaler Kurzwelle, Satelliten-Verbindung oder Handy-Netz wählen.
Bis April 2011 hatten 24 der 37 Schweizer Schiffe ELSE installiert. Doch das Kommunikationskonzept von Bund und Swisscom ging nicht ganz auf. ELSE liess sich ausserhalb der Schweizer Flotte nicht sinnvoll vermarkten, obwohl die Anlagen nun zuverlässig arbeiteten. Schliesslich befand das BWL, dass der Bedarf einer autarken Kommunikationsinfrastruktur nicht mehr gegeben wäre, und die Küstenfunkstelle Bernradio wurde Ende Februar 2016 ausgeschaltet.
Heute wird die Kommunikation zwischen den Schweizer Schiffen, anderen Schiffen und den verschiedenen Landstellen über eine Kommunikationskonsole, die normalerweise auf der Brücke steht, ausgeführt. Alle Geräte sind in zweifacher Ausführung vorhanden und müssen mit dem weltweit vorgeschriebenen GMDSS, Global Maritime Distress & Safety System kompatibel sein, um in einem Notfall rasch Hilfe zu erhalten oder zu leisten.
Abhängig vom Navigationsbereich des Schiffes muss das System die folgenden Anforderungen erfüllen:
• Zone A1.
Die Zone A1 befindet sich in Reichweite einer UKW-Küstenfunkstation. Frequenz 156,525 MHz (UKW-Kanal 70), bis ca. 40 km vor der Küste.
• Zone A2.
Die Zone A2 liegt im Bereich einer Küstenstation (MF Wellen) auf der Frequenz 2187,5 kHz, bis etwa 600 km vor der Küste.
• Zone A3.
Die Zone A3 ist das Offshore-Gebiet zwischen den Breiten 76 ° Nord und 76 ° Süd, das vom Inmarsat-Dienst (Internationaler Seesatellit) abgedeckt wird oder sich auch im Bereich einer HF-Küstenstation befindet: 8414,5 kHz. Reichweite <3000 km bei Tag und die Welt bei Nacht.
• A4-Bereich.
In der A4-Zone, d. H. Navigation in hohen Breiten (Arktis und Antarktis), ist der Inmarsat-Dienst erforderlich (nur für Spezialschiffe).
Der Funker gehört heute der Vergangenheit an, jedoch müssen die Deckoffiziere GMDSS-Zertifikate besitzen, um die Anlage sicher bedienen zu können. Der Verkehr ist per E-Mail und über Sprechfunk.
Die Kommunikationskonsole (links) für den kommerziellen Verkehr und für GMDSS
für das Fahrtgebiet A3 auf der SCL BERN (Bild: Stefan Sip)
Bemerkung:
Für weitere Erläuterungen über den maritimen Radioverkehr, siehe auch unter Links, Kapitel "Maritime Radio" und "Bern Radio", hier sind über ein Dutzend Webseiten eingetragen, die viel Wissenswertes über die Funkerei in früheren Zeiten erzählen.
SwissShips, HPS, Oktober 2017
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